Rz. 1f
§ 43b EStG, wurde durch G. v. 23.10.2000 in das EStG eingefügt.
§ 43b EStG gilt erstmals für Kapitalerträge, auf die das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren nicht mehr anzuwenden ist (§ 52 Abs. 53 S. 2 EStG i. d. F. des G. v. 23.10.2000).
Rz. 2
Ziel der Mutter-Tochter-Richtlinie war es, durch Einführung eines wettbewerbsneutralen Steuersystems für Gewinnausschüttungen (eines internationalen Schachtelprivilegs) die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Mutter- und Tochtergesellschaften, die in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten ansässig sind, auf Gemeinschaftsebene unter binnenmarktähnlichen Verhältnissen tätig sein können.
Zu diesem Zweck sieht die Mutter-Tochter-Richtlinie die Beseitigung der Doppelbesteuerung von Gewinnausschüttungen vor, die eine Tochtergesellschaft an ihre in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft vornimmt, und zwar dadurch, dass
- der EU-Mitgliedstaat, in dem die Tochtergesellschaft ansässig ist, auf die Erhebung einer Quellensteuer von deren Ausschüttungen an die in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft verzichtet (§ 43b EStG) und
- der EU-Mitgliedstaat, in dem die Muttergesellschaft ansässig ist, die von der in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaft bezogene Dividende entweder von der KSt freistellt oder für die im Staat der Tochtergesellschaft erhobene KSt die indirekte Steueranrechnung gewährt..
Rz. 3
Die Erfahrungen bei der Anwendung der Mutter-Tochter-Richtlinie sowie die Entwicklungen innerhalb des Binnenmarkts erforderten Erweiterungen und Verbesserungen der Mutter-Tochter-Richtlinie, die in der Richtlinie 2003/123/EG v. 22.12.2003 ihren Niederschlag fanden. Deren Umsetzung in deutsches Recht erfolgte durch Art. 1 des G. v. 9.12.2004 und führte zu folgenden Änderungen des § 43b EStG und der Anl. 2 zu § 43b EStG:
Neben Kapitalgesellschaften gehören auch Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und andere nach deutschem Recht gegründete Gesellschaften, die der deutschen KSt unterliegen, zu den Gesellschaften i. S. d. § 43b EStG (vgl. die Auflistung der Gesellschaftsformen unter Nr. 1 Buchst. f) der Anl. 2 zu § 43b EStG).
Durch das Einbeziehen der "anderen" unbeschränkt stpfl. Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen i. S. d. § 1 Abs. 1 KStG in die Gesellschaftsformen der Anl. 2 wurde die bisher für diese geltende Sonderregelung des § 43b Abs. 4 EStG a. F. entbehrlich und Abs. 4 deshalb aufgehoben.
- Die Quellensteuerentlastung nach § 43b EStG gilt nunmehr auch für Ausschüttungen an in einem anderen EU-Mitgliedstaat gelegene Betriebsstätten dieser EU-Muttergesellschaften, wenn die Beteiligung an der Tochtergesellschaft zum Betriebsvermögen der Betriebsstätte gehört. Das gilt auch, wenn die Muttergesellschaft der in einem anderen EU-Mitgliedstaat gelegenen Betriebsstätte in der Bundesrepublik unbeschränkt stpfl. ist (Rz. 34f.).
- Die Mindestbeteiligungsquote (§ 43b Abs. 2 S. 1 EStG) wurde auf 20 % und danach schrittweise auf 15 % bzw. 10 % herabgesetzt (Rz. 37).
Rz. 4
Darüber hinaus wurde die Anlage 2 zu § 43b EStG um die Angaben zu den Steuern und Gesellschaftsformen der Beitrittsstaaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern ergänzt, die nach dem EU-Beitrittsvertragsgesetz v. 18.9.2003 zum 1.5.2004 der EU beigetreten sind.
Bereits während der Übergangszeit vom Beitritt am 1.5.2004 bis zum Inkrafttreten des G. v. 9.12.2004 am 16.12.2004 war § 43b EStG i. V. m. Anl. 2 zu § 43b EStG auf Muttergesellschaften oder deren Betriebsstätten in den neuen EU-Mitgliedstaaten zufließende Ausschüttungen anzuwenden. Allerdings galt während dieser Übergangszeit noch die Mindestbeteiligungsquote von 25 % (§ 52 Abs. 55a EStG a. F.).
Rz. 5
Eine weitere Änderung des § 43b EStG sowie der Anlage 2 zu § 43b EStG ergab sich aufgrund des Beitritts Bulgariens und Rumäniens zur EU zum 1.1.2007. Mit der Richtlinie 2006/98/EG des Rates v. 20.11.2006 wurde der Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie auf diese Beitrittsstaaten erweitert. Die Änderung der Richtlinie wurde durch G. v. 20.12.2007 in § 43b EStG mit Wirkung zum 1.1.2007 eingefügt (§ 52 Abs. 55a EStG).
Rz. 5a
Durch Art. 2 Nr. 29 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (AmtshilfeRLUmsG) v. 26.6.2013 wurde der Gesetzeswortlaut sowie die Anlage 2 zum EStG an die Neufassung der Richtlinie 2011/96/EU des Rates v. 30.11.2011 redaktionell angepasst.
Rz. 5b
Mit Wirkung vom 1.7.2013 wurde in § 43b EStG durch Art. 1 des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 25.7.2014 aufgrund des Beitritts von Kroatien zur EU auf die geänderte RL 2013/13/EU v. 13.5.2013 zur Anpassung bestimmter Richtlinien im Bereich...