5.1 Allgemeines
Rz. 58
Den Steuerabzug vom Kapitalertrag muss der zum Steuerabzug Verpflichtete (d. h. der Schuldner der Kapitalerträge, die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle bzw. die die Kapitalerträge auszahlende Stelle) in dem Zeitpunkt vornehmen, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger nach den Regeln des § 44 EStG zufließen.
Rz. 59
Die Zuflussregeln des § 44 EStG sollen dem zum Steuerabzug Verpflichteten die Erfüllung seiner Einbehaltungs- und Abführungspflicht (Rz. 14ff.) erleichtern. Das ist insbesondere im Zusammenhang mit der Erhebung derjenigen KapESt von Bedeutung, die ohne Rücksicht auf die persönlichen Verhältnisse des Gläubigers der Kapitalerträge in seiner Eigenschaft als Stpfl. vom Schuldner der Kapitalerträge einbehalten wird.
Rz. 60
Für den Steuerabzug vom Kapitalertrag ist es gem. § 43 Abs. 4 EStG grundsätzlich ohne Belang, ob der Gläubiger der Kapitalerträge die Anteile an der betreffenden Körperschaft bzw. die Wertpapiere, aus denen ihm die steuerabzugspflichtigen Einnahmen zufließen, im Privatvermögen oder im Betriebsvermögen hält und ob er (wenn die Anteile bzw. die Wertpapiere im Betriebsvermögen gehalten werden) seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG) oder durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt. Lediglich bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für den KapESt-Abzug wird zwischen privaten Einkünften aus Kapitalvermögen und Kapitalerträgen unterschieden, die gem. § 20 Abs. 8 EStG zu anderen Einkunftsarten gehören. Die Berücksichtigung von negativen Kapitalerträgen und ausl. Steuern ist im KapESt-Abzugsverfahren gem. § 43a Abs. 3 S. 7 EStG nur bei privaten Kapitalerträgen möglich (§ 43a EStG Rz. 106d).
5.2 Allgemeiner Zuflusszeitpunkt (Abs. 1 S. 2)
Rz. 61
Mit Ausnahme der Sonderregelungen in § 44 Abs. 2 und 3 EStG (Rz. 66ff. und 78ff.) gelten für den Steuerabzug vom Kapitalertrag (Rz. 14, 24 und 31) die allgemeinen Zuflussregeln des § 11 Abs. 1 EStG, d. h. die steuerabzugspflichtigen Erträge aus dem Kapitalvermögen fließen dem Gläubiger der Kapitalerträge in dem Zeitpunkt zu, in dem er wirtschaftlich darüber verfügen kann, wie z. B. bei Zahlung, Verrechnung oder Gutschrift bzw. bei Entgegennahme eines Schecks, dessen sofortiger Vorlage und Auszahlung bzw. Gutschrift durch die bezogene Bank nichts im Weg steht (Rz. 89 zum Zuflusszeitpunkt in Fällen der Schuldumwandlung, Novation).
Rz. 61a
Zinsen fließen als regelmäßig wiederkehrende Einnahmen dem Stpfl. nach § 11 Abs. 1 S. 2 EStG in dem Jahr zu, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Die wirtschaftliche Zugehörigkeit bestimmt sich nach dem Jahr, in dem sie zahlbar, d. h. fällig sind, unabhängig davon, für welchen Zeitraum die Zinsen gezahlt werden oder wann die Gutschrift tatsächlich vorgenommen wird. Auch bei auf- und abgezinsten Kapitalforderungen ist für den Zufluss nicht der Zeitraum maßgebend, für den die Zinsen gezahlt werden, sondern der Zeitpunkt der Fälligkeit.
Rz. 61b
Bei Bundesschatzbriefen Typ B, bei denen der Zinslauf am 1. Januar beginnt, ist die KapESt ebenfalls bei Fälligkeit, d. h. am 1. Januar, abzuziehen.
Rz. 61c
Wegen weiterer Einzelheiten zum Zeitpunkt des Zufließens von Einnahmen aus Kapitalvermögen vgl. § 11 Rz. 14ff. zum Begriff des Zuflusses, § 11 Rz. 70 Stichwort "Gewinnanteile" zum Zufluss von Gewinnanteilen, § 11 EStG Rz. 70 Stichwort "Zinsen" zum Zufluss von Zinsen. Die allgemeinen Zuflussregeln des § 11 EStG gelten auch für den Steuerabzug vom Kapitalertrag, soweit es sich bei der Vollauskehrung im Rahmen der Liquidation einer GmbH bei den Liquidationserlösen um Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG handelt.
Rz. 62
Ist die Auszahlung der Kapitalerträge davon abhängig, dass der Gläubiger der Kapitalerträge einen Zinsschein vorlegt, gilt als allgemeiner Zuflusszeitpunkt für den Steuerabzug vom Kapitalertrag der Fälligkeitstag – und das unabhängig davon, ob und wann der Gläubiger der Kapitalerträge den Zinsschein zur Einlösung vorlegt oder vorlegen lässt. Folglich finden auch die für den Steuerabzug zum Fälligkeitszeitpunkt geltenden Regeln hinsichtlich der Erhebung von KapESt, SolZ und ggf. KiSt Anwendung.
Rz. 63
Bei Abzinsungs- oder Aufzinsungspapieren bzw. -forderungen (zum Begriff vgl. § 20 EStG a. F. Rz. 236) ist Zuflusszeitpunkt für den gesamten Kapitalertrag der Zeitpunkt ihrer Endfälligkeit, bei Bundesschatzbriefen Typ B ggf. stattdessen der Zeitpunkt ihrer vorzeitigen Rückgabe an die Bundeswertpapierverwaltung.
Rz. 64
Der Zeitpunkt der Fälligkeit gilt auch dann als Zuflusszeitpunkt für den Steuerabzug vom Kapitalertrag, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge die Wertpapiere in Depotverwahrung gegeben hat und die Zinsen schon vor dem Fälligkeitstag durch das Kreditinstitut, bei dem er das Wertpapierdepot unterhält, seinem Konto gutgeschrieben werden.
Die vorzeitige Gutschrift ist darauf zurückzuführen, dass die Zinsscheine nach einer Usance im Kreditgewerbe üblicherweise am 15. Tag vor ihrer Fälligkeit von den Zinsscheinbögen der Teilschuldverschreibungen getrennt werden.
Rz. 65
Bei der Verä...