6.4.1 Allgemeines

 

Rz. 57

Eine Verpflichtung, die KapESt einzubehalten und an das für ihn zuständige FA abzuführen, besteht für den zum Steuerabzug Verpflichteten (d. h. den Schuldner der Kapitalerträge bzw. die die Kapitalerträge auszahlende Stelle oder die den Verkaufsauftrag ausführende Stelle) u. a. nur dann, wenn

  • steuerabzugspflichtige Kapitalerträge i. S. d. § 43 EStG vorliegen (zum KapESt-Abzug im Allgemeinen § 43 EStG Rz. 5ff.) und
  • die Kapitalerträge beim Gläubiger als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterliegen bzw. nach der Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG (§ 20 EStG Rz. 270ff.) zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung gehören (§ 43 Abs. 1, 4 EStG).
 

Rz. 58

Hätte der zum Steuerabzug Verpflichtete z. B. in einem der nachstehend aufgeführten Fälle den KapESt-Abzug vorgenommen, obwohl die Verpflichtung hierzu nicht bestanden hat, könnte die Erstattung der einbehaltenen und abgeführten KapESt mittels eines der in Rz. 40ff. bzw. 49ff. dargestellten Verfahren beantragt werden.

6.4.2 Bei Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG gilt ein Betrag aus dem steuerlichen Einlagekonto als für die Ausschüttung verwendet

 

Rz. 59

Bei Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG (d. h. bei Gewinnanteilen und sonstigen Bezügen aus Anteils- bzw. Mitgliedschaftsrechten; § 43 EStG Rz. 29ff.) besteht eine Verpflichtung zum KapESt-Abzug z. B. für den Teil der Gewinnausschüttung nicht, bei dem es sich um Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG handelt. Soweit ein Betrag aus dem steuerlichen Einlagekonto als für die Ausschüttung verwendet gilt, gehören die Bezüge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht zu den Einnahmen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG und unterliegen deshalb auch nicht dem Steuerabzug vom Kapitalertrag (§ 45a EStG Rz. 39e).

 

Rz. 59a

In den amtlichen Mustern für Steuerbescheinigungen ist nach § 27 Abs. 3 KStG der auf Leistungen aus dem steuerlichen Einlagekonto entfallende Betrag gesondert zu bescheinigen (§ 45a EStG Rz. 38c).[1] Der als Leistung aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG bescheinigte Betrag bleibt nach § 27 Abs. 5 KStG auch dann unverändert, wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt (z. B. bei einer späteren steuerlichen Außenprüfung) eigentlich eine höhere Verwendung ergeben würde.[2]

[1] Endert, in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 27 KStG Rz. 145ff.
[2] Endert, in Frotscher/Drüen, KStG/GewStG/UmwStG, § 27 KStG Rz. 188ff.; Dötsch/Pung, DB 2006, 2648, 2652f., auch zur Auswirkung auf die KapESt bei zu hoch bescheinigter Verwendung.

6.4.3 Personenidentität von Gläubiger und Schuldner bzw. Gläubiger und auszahlender Stelle

 

Rz. 60

Nach § 43 Abs. 2 EStG ist der Steuerabzug vom Kapitalertrag nicht vorzunehmen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge oder Gläubiger und die, die Kapitalerträge auszahlende Stelle im Zeitpunkt des Zufließens dieselbe Person sind. Das kann bei Kapitalerträgen i. S. d. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 7 EStG vorkommen, wenn sich z. B. eigene Inhaberschuldverschreibungen vorübergehend im Besitz des Emittenten befinden (§ 43 EStG Rz. 164ff.).

 

Rz. 60a

Trotz Personenidentität zwischen Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge ist jedoch in den Fällen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7c EStG (bei Betrieben gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit bzw. bei wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben steuerbefreiter Körperschaften) KapESt zu erheben (§ 44 EStG Rz. 163).[1]

6.4.4 Atypische stille Gesellschaft

 

Rz. 61

Kapitalerträge aus einer stillen Beteiligung unterliegen nur dann nicht dem KapESt-Abzug, wenn es sich um eine atypische stille Gesellschaft handelt, der stille Gesellschafter somit als Mitunternehmer anzusehen ist und deshalb nicht Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG bezieht, die nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG dem KapESt-Abzug unterliegen, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG (§ 15 EStG Rz. 250).

6.4.5 Erstattung der KapESt bei nichtsteuerbaren Einnahmen

 

Rz. 62

Werden die Einnahmen, die dem Steuerabzug vom Kapitalertrag unterlegen haben, als nichtsteuerbare Einnahmen bei der Veranlagung nicht erfasst, z. B. weil die Kapitalanlage mangels Überschusserzielungsabsicht als "Liebhaberei" anzusehen ist, kann der Gläubiger der Kapitalerträge bei dem FA, an das die KapESt abgeführt worden ist, die Erstattung der KapESt beantragen, denn Einnahmen aus einer als Liebhaberei beurteilten Kapitalüberlassung unterliegen nicht der Besteuerung.[1] Zzur Liebhaberei § 2 EStG Rz. 75ff.; BFH v. 31.8.1999, VIII R 23/98, BFH/NV 2000, 420 mit Beispielen aus der Rspr. zum Fehlen der Überschusserzielungsabsicht im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen).

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