15.1 Allgemein
Rz. 76
§ 45b Abs. 9 EStG normiert eine Meldepflicht der inländischen Emittenten, die in Verbindung mit dem Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären gem. § 67d AktG steht. Nach § 45b Abs. 9 EStG "haben" inländische börsennotierte Gesellschaften dagegen gem. § 67d AktG Informationen über die Identität ihrer Aktionäre zum Zeitpunkt ihres Gewinnverteilungsbeschlusses "zu verlangen“"und die ihnen übermittelten Informationen elektronisch nach Maßgabe des § 93c AO unverzüglich elektronisch an das BZSt zu übermitteln. Die nach § 45b Abs. 9 EStG i. V. m. § 67d AktG durch die Finanzverwaltung erlangten Informationen dienen ausweislich der Begründung des AbzStEntModG insbes. dem Abgleich mit den gem. § 45b Abs. 4 bis 6 EStG von den die Kapitalerträge auszahlenden Stellen zu übermittelnden Angaben.
Die Vorschrift des § 67d AktG ist durch das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) v. 12.12.2019 m. W. z. 1.1.2020 eingefügt worden. Die Vorschrift ist nach § 26j Abs. 4 EGAktG erstmals ab dem 3.9.2020 anzuwenden und erstmals auf Hauptversammlungen, die nach dem 3.9.2020 einberufen werden. Das ARUG II dient der Umsetzung von Art. 3a der RL (EU) 2017/828 Änderung der RL 2007/36/EG (sog. "2. ARRL") im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Mitwirkung der Aktionäre vom 17.5.2017. § 67d AktG regelt den „"zentralen Informationsanspruch"“ der börsennotierten Gesellschaft gegenüber solchen Intermediären, die Aktien der Gesellschaft verwahren, auf Informationen über die Identität des Aktionärs, dessen Aktien sie verwahren. Es liegt ausweislich der Begründung des ARUG II ausdrücklich bei der Gesellschaft, ob überhaupt, wann und wie oft sie von diesem Recht Gebrauch macht (d. h. es besteht keine Pflicht zur Ausübung des Anspruchs). Eine Verpflichtung der Gesellschaft zur regelmäßigen Identifikation ihrer Aktionäre in bestimmten Zeitabständen besteht auch nicht.
Ablösung des Kann-Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären
Für die Praxis bedeutet das, dass der bisherige durch das ARUG II eingeführte Kann-Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären gem. § 67d AktG im Rahmen des durch das AbzEntModG eingefügten § 45b Abs. 9 EStG abgelöst wird durch eine konkrete Verpflichtung, diesen Informationsanspruch (d. h. den des § 67d AktG) umfassend zugunsten der Finanzverwaltung auszuüben.
15.2 Grundlagen des Informationsanspruchs der Gesellschaft gegenüber Intermediären gem. § 67d AktG
Rz. 77
§ 67d AktG normiert ab dem 1.1.2020 einen Informationsanspruch der Gesellschaft gegenüber Intermediären. Konkret kann die börsennotierte Gesellschaft gem. § 67d Abs. 1 S. 1 AktG von einem Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, "Informationen über die Identität der Aktionäre" und über den nächsten Intermediär verlangen. Der Informationsanspruch richtet sich gegen jeden Intermediär, der Aktien der Gesellschaft verwahrt, d. h. sowohl gegen den sog. Letztintermediär als auch gegen die Intermediäre in der Kette, die Aktien für einen anderen Intermediär verwahren. In Umsetzung der Richtlinienvorgaben aus Art. 3a Abs. 3 Unterabs. 1 S. 2 der 2. ARRL soll es der Gesellschaft ermöglicht werden, sich an jeden Intermediär zu wenden, der Aktien der Gesellschaft verwahrt. Die Gesellschaft ist also grundsätzlich frei in der Wahl des Intermediärs. Die Regelung ist nach der Begründung des ARUG II "offen" gestaltet, um der Praxis künftige Lösungswege nicht zu versperren. Format und Inhalt dieses Verlangens richten sich gem. § 67d Abs. 1 S. 2 AktG nach der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212. Die sog. "Informationen über die Identität der Aktionäre" sind gem. § 67d Abs. 2 S. 1 AktG die in Art. 3 Abs. 2 in Verbindung mit Tabelle 2 Buchstabe C Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 genannten Daten. In der Tabelle 2 ist im Einzelnen dargestellt, welche Informationen über die Identität eines Aktionärs in der Antwort zu übermitteln sind. Die Bestimmung verlangt etwa die Angabe einer Anschrift, wobei dies sowohl die Wohn- als auch die Büroadresse sein kann. Die Angabe einer E-Mail-Adresse ist nur dann erforderlich (und möglich), wenn eine solche vorhanden und dem antwortenden Intermediär bekannt ist.
Rz. 77a
Einzelheiten zu nicht eingetragenen Gesellschaften und für den Fall, dass eine Aktie mehreren Berechtigten zu steht, sind in § 67d Abs. 2 S. 1 AktG geregelt. Das Informationsverlangen der Gesellschaft ist von dem Intermediär innerhalb der Frist nach Art. 9 Abs. 6 Unterabs. 1, 2 oder 3 S. 3 und Abs. 7 Durchführungsverordnung (EU) 2018/1212 jeweils an den nächsten Intermediär weiterzuleiten, bis der Letztintermediär erreicht ist. D.h. für die Praxis, dass der Antrag unter Berücksichtigung seines Umfangs unverzüglich und spätestens bis zum Ende des Geschäftstags, an dem der Antrag eingegangen ist, an den nächsten Intermediär in der Kette zu übermitteln ist (§ 67d Abs. 3 AktG). Damit wird das Wahlrecht der Gesellsc...