8.2.7.1 Allgemein
Rz. 24
§ 45b Abs. 2 Nr. 8 EStG verlangt eine umfassende Übermittlung von Angaben über Verwahrketten durch die meldepflichtigen Stellen. Konkret werden nach § 45b Abs. 2 Nr. 8 EStG folgende Angaben verlangt:
- die Firma,
- die Rechtsform,
- die Anschrift und
- der Legal Entity Identifier ("LEI")
der jeweils
- in die Verwahrkette nacheinander eingebundenen inländischen oder ausl. Zwischenverwahrstellen der Wertpapiere sowie
- der Depotbank, die die Wertpapiere für den Gläubiger der Kapitalerträge unmittelbar verwahrt, unter Angabe der jeweiligen Depotnummern der durch die Zwischenverwahrstellen geführten Depots, in denen die Aktien verwahrt werden.
Um der Finanzverwaltung die Prüfung zu ermöglichen, über welche Depotbanken der Gläubiger der Kapitalerträge seine Stellung als Anteilseigner begründet, sind ausweislich der Begründung des AbzStEntModG die in die Verwahrkette eingebundenen Zwischenverwahrstellen anzugeben. In der Praxis liegen den die Kundendepots führenden und als auszahlende Stellen fungierenden deutschen Kreditinstituten die geforderten Angaben jedoch nicht vor. Denn die auszahlenden Stellen haben nur zu dem jeweils vorgeschalteten Zwischenverwahrer Vertragsbeziehungen und nicht zu den diesem ggf. vorgeschalteten Zwischenverwahrern. Wie auch Normenkontrollrat und Bundesrat bereits zu Recht kritisch in ihren Stellungnahmen betont haben, fehlen den auszahlenden Stellen damit die von § 45b Abs. 2 Nr. 8 EStG geforderten Daten zu den Zwischenverwahrern.
soiehe zu den nicht vorliegenden Angaben bei den meldepflichtigen Stellen auch die Darstellung in § 45b EStG Rz. 7. Eine lückenlose Auflistung der Verwahrkette ist nach aktuellem Kenntnisstand bei Auslandssachverhalten nicht durchweg valide darstellbar und wäre selbst in den Fällen, in denen die Beschaffung der Daten möglich wäre, überaus aufwendig. Die geforderten Angabepflichten führen außerdem zu einem immensen bürokratischen Aufwand und sind im Hinblick auf das gesetzgeberische Ziel nicht erfolgversprechend. Überdies ist unklar, welchen Informationsgewinn sich die Finanzverwaltung im Hinblick auf die Erkennung von Steuergestaltungen aus den Angaben zur Verwahrkette bei Inlandssachverhalten verspricht. Die Dividende wird in der Verwahrkette brutto bis zur depotführenden Stelle durchgeleitet. Dort wird die KapESt an das FAabgeführt und die Nettodividende dem Kunden gutgeschrieben.
8.2.7.2 Verwahrketten/"B-Depots"
Rz. 25
Bei Verwahrketten, die ins Ausland führen, stellt sich die Sachlage häufig wie folgt dar: Die Depotkunden des inländischen Unterverwahrers, der als "letzte inländische Zahlstelle" agiert und damit der Entrichtungspflichtige der KapESt i. S. d. § 44 Abs. 1 S. 3 EStG ist, sind regelmäßig auch ausl. Finanzinstitute. Die Mehrheit der ausl. Finanzinstitute eröffnen beim inländischen Unterverwahrer Fremdbestandskonten (sog. "B-Depots"), in denen der gesamte Wertpapierbestand des ausl. Finanzinstituts verwahrt wird. Die Aktien auf diesen B-Depots können dann wiederum vom ausl. Finanzinstitut ganz unterschiedlichen Kunden zugeordnet werden. Der inländische Unterverwahrer unterhält dabei lediglich eine Rechtsbeziehung mit seinem Depotkunden (ausl. Depotbank) und hat keine Durchgriffsmöglichkeiten auf die dahinterstehenden Kunden des Depotkunden. Der inländische Unterverwahrer ist daher ausschließlich auf die Informationen seines Vertragspartners angewiesen.
Die erweiterten Angabepflichten entsprechen nicht der Lebenswirklichkeit und berücksichtigen nicht die tatsächliche Aktionärsstruktur mit deren Folgen. Die Angabepflichten erfordern erneut die Mitwirkung des ausl. Stpfl., was wiederum widersprüchlich zur eigentlichen Intention der erweiterten Mitteilungsvorschriften ist. Zwar konstatiert § 45b Abs. 7 S. 1 EStG die Pflicht ausl. Zwischenverwahrstellen, die in § 45b Abs. 2 EStG geforderten Angaben vollständig und richtig mitzuteilen. Eine Überprüfungsmöglichkeit und -pflicht besteht für den inländischen Verwahrer, der als letzte auszahlende Stelle fungiert, jedoch nicht. Der Mehrwert der Angaben gem. § 45b Abs. 2 Nr. 8 EStG ist damit nicht ersichtlich.
8.2.7.3 Unzulässiger Verweis auf den Abschluss vertraglicher Vereinbarungen
Rz. 26
Die Begründung des AbzStEntModG enthält an anderer Stelle, d. h. bei der durch das AbzStEntModG erfolgten Verschärfung der Haftung für die Ausstellung von Steuerbescheinigungen (§ 45a Abs. 7 S. 1 EStG; Rz. 93), zwar die zutreffende Feststellung, dass die depotführende Stelle für die Erstellung der Bescheinigung auf die Angaben Dritter, wie etwa ausl. Banken im Rahmen einer Wertpapierverwahrkette, angewiesen ist. Dann wird aber in der Begründung ausgeführt, dass Aussteller die abgeführte KapESt auch in jenen Fällen im Rahmen eines bestehenden Kundenverhältnisses bescheinigt; er könne ausweislich der Begründung des AbzStEntModG aber am besten die Verlässlichkeit seines eigenen Vertragspartners einschätzen und die Qualität der Angaben sicherstellen, wozu er in Abwesenheit einer wirksamen Haftungsregelung jedoch keine ausreichende Motivation habe. Wei...