2.5.1 Grundsatz
Rz. 38
Nach Versicherungsvertragsrecht ist grundsätzlich der Arbeitgeber als Vertragspartner des Versicherungsunternehmens berechtigt, die Leistung aus dem Versicherungsvertrag zu fordern. Er kann jedoch einen Dritten, – bei der Direktversicherung den versicherten Arbeitnehmer –, als Bezugsberechtigten benennen; die Benennung kann widerruflich oder unwiderruflich ausgestaltet sein. Ein besonderes Formerfordernis schreibt § 159 VVG nicht vor. Da das Benachteiligungsverbot des § 171 VVG auf § 159 VVG nicht zutrifft, können die Versicherungsvertragsbedingungen einschränkende Regelungen treffen. In den früher aufsichtsrechtlich genehmigungspflichtigen Allgemeinen Vertragsbedingungen der Lebensversicherungsunternehmen (ALB) waren Schriftlichkeit, Anzeige an den Versicherer und – für die unwiderrufliche Benennung – eine schriftliche Bestätigung des Versicherers erforderlich (§ 13 Musterbedingungen für Großlebensversicherung – ALB). Die nach Wegfall der aufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht nur noch bedingt einheitlichen ALB verzichten zumeist auf die schriftliche Bestätigung des Versicherers als Wirksamkeitsvoraussetzung der unwiderruflichen Bezugsberechtigung (z. B. § 13 Versicherungsbedingungen – kapitalbildende Lebensversicherung – ALB 2008). Welche Regelung für den jeweiligen Lebensversicherungsvertrag gilt, hängt von den dem Vertrag zugrunde liegenden ALB ab. Aufgrund der langen Laufzeit von Lebensversicherungsverträgen kommt es zu zeitlich entsprechend langfristigen Überlappungen der ALB.
Rz. 39
Die Benennung des Bezugsberechtigten ist nicht vom Einverständnis des Versicherers abhängig. Die widerruflich als Bezugsberechtigte benannte Person erwirbt das Recht auf die Leistung jedoch grundsätzlich erst im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Bezugsberechtigung nach Versicherungsvertragsrecht grundsätzlich widerruflich. Die als unwiderruflich Bezugsberechtigte benannte Person erwirbt bereits mit Einräumung der Bezugsberechtigung das Recht auf die Versicherungsleistung. Diese Rechtsposition kann ihm ohne sein Einverständnis nicht mehr entzogen werden (§ 159 Abs. 3 VVG).
2.5.2 Bezugsberechtigung und Unverfallbarkeit
Rz. 40
Von der Widerruflichkeit oder Unwiderruflichkeit der Bezugsberechtigung ist die Frage der Unverfallbarkeit zu unterscheiden. Während die Bezugsberechtigung vornehmlich die versicherungsrechtliche Ausgestaltung und steuerrechtliche Anerkennung der Direktversicherung betrifft, handelt es sich bei der Unverfallbarkeit um ein arbeitsrechtliches Institut des BetrAVG (Vor § 4b EStG Rz. 38ff.). Ist die Anwartschaft unverfallbar, so bleibt sie erhalten, auch wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls endet (§ 1b Abs. 1 BetrAVG). Beide Rechtsfiguren überlagern sich jedoch gegenseitig insofern, als nach Eintritt der gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine (widerrufliche) Bezugsberechtigung nicht mehr zu widerrufen (§ 1b Abs. 2 S. 1 BetrAVG) mit der Folge, dass ihn Einstandspflichten gem. § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG treffen, wenn er eine Bezugsberechtigung gleichwohl widerruft.
Rz. 41
Während die Direktversicherung nach § 1 Abs. 2 BetrAVG begrifflich voraussetzt, dass der Arbeitnehmer oder seine Hinterbliebenen hinsichtlich der Leistung des Versicherers ganz oder teilweise bezugsberechtigt sind, ist Unverfallbarkeit kein substanzielles Merkmal der Direktversicherung und deshalb keine Voraussetzung für § 4b EStG.
Rz. 42
Der Eintritt der Unverfallbarkeit ist an ein Mindestalter des Arbeitnehmers sowie an eine Mindestzusagedauer geknüpft. Die Voraussetzungen haben sich mehrfach geändert (Vor § 4b EStG Rz. 38). Für Zusagen ab 2009 war eine Versorgungszusage unverfallbar, wenn der Arbeitnehmer das 25. Lebensjahr vollendet und die Versorgungszusage mindestens 5 Jahre bestanden hat oder aufgrund einer Vorruhestandsregelung ausscheidet und ohne das Ausscheiden die Wartezeit erfüllt hätte. Durch die Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie wurde für Zusagen ab 2018 das Mindestalter auf die Vollendung des 21. Lebensjahrs herabgesetzt und die erforderliche Mindestzusagedauer auf 3 Jahre verkürzt. Soweit die Direktversicherung aufgrund einer Entgeltumwandlung durchgeführt wird, tritt – gleichzeitig mit dem Anspruch auf Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts – sofortige Unverfallbarkeit ein (§ 1b Abs. 5 S. 1 BetrAVG).
Rz. 43
Die Verpflichtung, eine widerrufliche Bezugsberechtigung nach Eintritt der Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft nicht mehr zu widerrufen, besteht nur gegenüber dem Arbeitnehmer. Dem Versicherer gegenüber regelt sich die Frage, ob die Bezugsberechtigung widerrufen werden kann, ausschließlich nach dem Inhalt des Versicherungsvertrags, also regelmäßig danach, ob sie widerruflich oder unwiderruflich erteilt worden ist. Eine widerrufliche Bezugsberechtigung kann mithin vom Arbeitgeber gegenüber dem Versicherer auch nach Eintritt der Unverfallbarkeit i. S. d. BetrAVG wirksam widerrufe...