4.1.4.1 Grundfall
Rz. 17
Werden Verpflichtungen übertragen, die bei den ursprünglich Verpflichteten Passivierungsbeschränkungen unterlegen haben, sind der sich daraus ergebende Aufwand im Wirtschaftsjahr der Schuldübernahme und den nachfolgenden 14 Jahren gleichmäßig verteilt als Betriebsausgabe abziehbar. Aufwand i. S. d. Vorschrift ist dabei nur der Betrag der stillen Last, die anlässlich der Übertragung realisiert wird. Etwaige Veräußerungskosten, die nach dem Wortlaut der Norm auch unter den Begriff des Aufwands gefasst werden können, sind nach Sinn und Zweck weiterhin sofort abziehbar. Vor dem Hintergrund, dass § 4f EStG konkret auf die eingangs beschriebene Rspr. des BFH reagiert, wäre ein anderes Verständnis der Norm m. E. überschießend. Für den ursprünglich Verpflichteten entsteht gegenüber dem Sofortabzug ein Zinsnachteil. Die Verteilung des Aufwands über 15 Wirtschaftsjahre wird z. T. für verfassungsrechtlich bedenklich gehalten.
Verteilung des Aufwands seitens des Erwerbers
Der ursprünglich Verpflichtete überträgt einen Lizenzvertrag auf einen Erwerber, für den er in der Handelsbilanz eine (dem tatsächlichen zukünftigen Aufwand entsprechende) Drohverlustrückstellung i. H. v. 150.000 EUR gebildet hatte, die in der Steuerbilanz nicht ausgewiesen werden durfte (§ 5 Abs. 4a EStG). Der Erwerber verlangt als Gegenleistung eine Zahlung von 150.000 EUR. Beim ursprünglich Verpflichteten entsteht durch die Zahlung Aufwand. Nach § 4f Abs. 1 S. 1 EStG darf er diesen Aufwand nicht sofort in voller Höhe, sondern im Wirtschaftsjahr der Schuldübernahme nur zu 1/15 (im Beispiel 10.000 EUR) abziehen. Die übrigen 14/15 sind gleichmäßig auf die folgenden 14 Jahre zu verteilen.
Rz. 18
Leistet der ursprünglich Verpflichtete im obigen Beispiel keine Barzahlung von 150.000 EUR, sondern überträgt z. B. Aktien im Wert von 150.000 EUR, kann sich die Frage nach dem Verhältnis von § 3c Abs. 2 S. 1 EStG bzw. § 8b Abs. 3 S. 3 KStG zu § 4f EStG stellen. Richtigerweise muss § 4f EStG hier Vorrang haben, da im ersten Schritt eine Verbindlichkeit auf Zahlung i. H. v. 150.000 EUR gegenüber dem Erwerber einzubuchen ist, die zu dem zu verteilenden Aufwand führt. Erst im zweiten Schritt werden die Aktien zur Erfüllung dieser Verbindlichkeit übertragen, ohne dass es insoweit zu einer steuerlich unbeachtlichen Betriebsvermögensminderung hinsichtlich der Aktien kommt.
4.1.4.2 Außerbilanzielle Korrektur
Rz. 19
Technisch ist die Verteilung des Aufwands über 15 Wirtschaftsjahre im Wege einer außerbilanziellen Korrektur unter Zuhilfenahme eines Merkpostens vorzunehmen. Im obigen Beispiel wären im Wirtschaftsjahr der Übertragung des Mietvertrags zunächst 150.000 EUR außerbilanziell hinzuzurechnen und 10.000 EUR wieder abzuziehen (oder in einem Rechenschritt 140.000 EUR hinzuzurechnen). In Höhe der verbleibenden 140.000 EUR wäre ein Merkposten zu bilden, der als Grundlage für den außerbilanziellen Abzug von jeweils weiteren 10.000 EUR in den folgenden 14 Jahren dient und dementsprechend fortzuentwickeln ist. Es wird auch diskutiert, ob und in welchen Umfang infolgedessen in der Handelsbilanz aktive latente Steuern i. S. d. § 274 HGB gebildet werden können. Als Alternative wird teilweise ein Ausgleichsposten innerhalb der Steuerbilanz befürwortet, was im Ergebnis keinen Unterschied ergeben würde. Ein förmliches Verfahren zur Feststellung des jeweils noch verbleibenden zu verteilenden Aufwands ist derzeit nicht vorgesehen, wäre jedoch u. U. hilfreich.
In Organschaftsfällen treten die Wirkungen der §§ 4f und 5 Abs. 7 EStG m. E. auf der Ebene des Organträgers ein.
Rz. 20
Nicht geregelt ist auch, was passiert, wenn sich das Entgelt für die Übernahme der Verpflichtung nachträglich ändert. Da § 4f EStG von der Vorstellung ausgeht, dass die in den übertragenen Verpflichtungen ruhenden stillen Lasten in einem Einmalvorgang realisiert werden, spricht einiges dafür, die Norm als sog. Einmaltatbestand zu qualifizieren. Eine nachträgliche Änderung wird deshalb regelmäßig ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO darstellen.