2.1 Regelungsgrundsatz (§ 4j Abs. 1 S. 1 EStG)
2.1.1 Tatbestandsmerkmale und Rechtsfolgen im Überblick
Rz. 23
§ 4j Abs. 1 S. 1 EStG enthält sowohl die grundlegenden Tatbestandsvoraussetzungen als auch die Rechtsfolgen der Norm und stellt daher den Kern der Regelung dar.
Lizenzaufwendungen sind beim Schuldner der Lizenzzahlung (ungeachtet eines bestehenden DBA) nur eingeschränkt abziehbar, wenn die korrespondierenden Lizenzeinnahmen des Gläubigers der Lizenzzahlung aufgrund einer von der Regelbesteuerung abweichenden Präferenzregelung niedrig besteuert werden. Zudem muss der Gläubiger eine dem Schuldner nahestehende Person i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG sein.
§ 4j Abs. 1 S. 1 EStG fordert damit auf Tatbestandebene:
- Aufwendungen für die Rechteüberlassung (Lizenzaufwendungen);
- die korrespondierenden Lizenzeinnahmen des Gläubigers der Lizenzzahlung unterliegen einer von der Regelbesteuerung abweichenden, niedrigen Besteuerung (Präferenzregelung);
- der Gläubiger der Lizenzzahlungen ist eine dem Schuldner nahestehende Person i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG.
Aus der Ausnahmeregelung nach § 4j Abs. 1 S. 4 EStG ergibt sich im Umkehrschluss als weitere Tatbestandsvoraussetzung, dass die Präferenzregelung, die zu einer Niedrigbesteuerung der Lizenzeinnahmen führt, nicht dem OECD-Nexus-Ansatz entsprechen muss. Nur wenn die Präferenzregelung (Lizenzbox-Regelung) nicht dem OECD-Nexus-Ansatz entspricht, kommt die Abzugsbeschränkung nach § 4j EStG zum Tragen.
Die in § 4j Abs. 1 S. 1 EStG vorgegebenen Tatbestandsmerkmale werden an anderer Stelle in der Norm wieder aufgegriffen und genauer definiert. So bestimmt § 4j Abs. 2 EStG, wann eine ertragsteuerliche Niedrigbesteuerung vorliegt und wie sich die Ertragsteuerbelastung genau ermittelt.
Rechtsfolge von § 4j EStG ist, dass die Lizenzaufwendungen ungeachtet eines bestehenden DBA nicht oder nur eingeschränkt abziehbar ist. Der nicht abziehbare Teil der Lizenzaufwendungen ermittelt sich nach § 4j Abs. 3 EStG.
2.1.2 Aufwendungen für Rechteüberlassung (sog. Lizenzaufwendungen)
Rz. 24
In sachlicher Hinsicht wirkt die Abzugsbeschränkung nach § 4j EStG für Aufwendungen für Rechteüberlassungen (sog. Lizenzaufwendungen). Betroffen sind also Aufwendungen für die Überlassung der Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten. § 4j Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 EStG übernimmt hier wörtlich die Begriffe aus § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG (§ 50a EStG Rz. 52ff.). Beispielhaft (also nicht abschließend) werden Aufwendungen für die Überlassung folgender Rechte aufgezählt:
- Urheberrechte und gewerbliche Schutzrechte,
- gewerbliche, technische, wissenschaftliche und ähnliche Erfahrungen, Kenntnisse und Fertigkeiten, z. B. Pläne, Muster und Verfahren.
Insbesondere für die Definition von Urheberrechten und von gewerblichen Schutzrechten verweist die Gesetzesbegründung auf die in § 73a Abs. 2 EStDV enthaltenen Begriffsbestimmungen.
2.1.3 Lizenzeinnahmen werden aufgrund einer Präferenzregelung niedrig besteuert
Rz. 25
Das (Teil-)Abzugsverbot für Lizenzaufwendungen nach § 4j EStG kommt beim Schuldner der Lizenzzahlungen nur zum Tragen, wenn die korrespondierenden Lizenzeinnahmen des Gläubigers einer von der Regelbesteuerung abweichenden niedrigen Besteuerung (Präferenzregelung) unterliegen.
Rz. 26
Die Lizenzzahlungen sind beim Schuldner der Lizenzgebühr im Regelfall Aufwendungen und beim Gläubiger Erträge bzw. Einnahmen. Schuldner der Lizenzzahlungen ist im Regelfall der Lizenznehmer, Gläubiger ist der Lizenzgeber.
Rz. 27
Der (endgültige) Gesetzeswortlaut verlangt, dass die Einnahmen des Gläubigers durch eine Präferenzregelung niedrig besteuert werden, während der Regierungsentwurf noch forderte, dass die Einnahmen beim Gläubiger einer Präferenzregelung unterliegen müssen. Da der Gläubiger der Lizenzzahlungen aber auch eine (im Ausland) transparent besteuerte Personengesellschaft oder eine z. B. nach dem Check-the-box-Verfahren transparent besteuerte Kapitalgesellschaft sein kann, bei denen die Einnahmen nicht unmittelbar selbst, sondern bei deren Gesellschaftern der Besteuerung unterliegen, ist der Wortlaut im Gesetzgebungsverfahren entsprechend angepasst worden. Durch die Präzisierung, dass die Einnahmen des Gläubigers aufgrund einer Präferenzregelung niedrig besteuert werden müssen (und nicht unbedingt beim Gläubiger selbst), soll sichergestellt werden, dass die Anwendung von § 4j EStG auch in diesen Fällen nicht ausgeschlossen ist.
Rz. 28
§ 4j Abs. 1 S. 1 EStG fordert, dass die (Lizenz-)Einnahmen niedrig besteuert werden. Wie sich die Ertragsteuerbelastung der Einnahmen ermittelt, ergibt sich im Einzelnen aus § 4j Abs. 2 EStG (Rz. 79).
Rz. 29
Die Niedrigbesteuerung der Lizenzeinnahmen muss sich aufgrund einer Präferenzregelung ergeben, die abweichend von der Regelbesteuerung Anwendung findet. Es sollen also nur spezielle Steuerregimen (Präferenzregelungen) erfasst werden, die dazu führen, dass Lizenzeinnahmen niedrig besteuert werden. Ergibt sich eine Niedrigsteuersituation aus dem allgemeinen Besteuerungsniveau (Regelbesteuerung), findet § 4j EStG keine Anwendung. Lizenzzahlungen, die beim Empfänger aufgrund eines auch für die übrigen Einkünfte anzuwendenden Regelsteuersatzes niedrig besteuert werden, sollen nicht von § 4j EStG erfasst werden.