2.3.2.2.1 Stichtagsinventur

 

Rz. 18

Bei der Stichtagsinventur erfolgt die körperliche Bestandsaufnahme am Stichtag. Da die Durchführung der Arbeiten genau am Bilanzstichtag bei größeren Unternehmen nicht durchführbar ist, kann die Bestandsaufnahme bis zu 10 Tagen vor oder nach dem Stichtag erfolgen, in diesem Fall ist jedoch der Bestand zum Stichtag durch Zu- und Abrechnungen sowohl mengen- als auch wertmäßig auf den Stichtag vor- oder zurückzurechnen. Die Belege über die Einzelbewegungen zwischen Aufnahmetag und Stichtag sind Inventurunterlagen (HFA 1/90, WPg 1990, 143).

2.3.2.2.2 Permanente Inventur

 

Rz. 19

Die permanente Inventur ist in § 241 Abs. 2 HGB als Inventurvereinfachungsverfahren zugelassen. Bei ihr erfolgt keine körperliche Bestandsaufnahme auf den Bilanzstichtag oder einen einzigen anderen Stichtag, die körperliche Bestandsaufnahme wird vielmehr über das ganze Jahr verteilt. Die permanente Inventur hat folgende Voraussetzungen:

  • Jeder Vermögensgegenstand muss innerhalb des Geschäftsjahrs körperlich aufgenommen werden.
  • Die Lagerbuchführung muss die Bestände, Zugänge und Abgänge einzeln nach Tag, Art und Menge enthalten.

Die durch die permanente Inventur ermittelten Bestände werden mithilfe der Lagerbuchführung mengen- und wertmäßig auf den Bilanzstichtag fortgeschrieben. Einer exakten Lagerbuchführung kommt daher erhöhte Bedeutung zu.

Das so erstellte Inventar muss den allgemeinen Ordnungsgrundsätzen (vgl. Rz. 16) entsprechen.

Nicht für die permanente Inventur geeignet sind Gegenstände, die einem unkontrollierbaren Schwund unterliegen, und besonders wertvolle Gegenstände.[1]

Ein Sonderfall der permanenten Inventur ist die Inventur bei vollautomatisch gesteuerten Lagersystemen (z. B. Hochregallagern). Diese Lagersysteme sind dadurch gekennzeichnet, dass Einlagerung und Entnahmen durch EDV-Anlagen, ohne menschliche Eingriffe, gesteuert werden, dass die Einlagerung nicht nach sachlichen Kriterien, sondern in "chaotischer Ordnung" erfolgt (wo gerade Platz ist), und dass der Zugriff auf die gelagerten Gegenstände daher mit vertretbarem Aufwand nur über die EDV-Anlage möglich ist, in der jeder eingelagerte Gegenstand mit seinem Lagerplatz dokumentiert ist. Eine körperliche Bestandsaufnahme im herkömmlichen Sinn ist bei diesen Systemen kaum möglich, da z. B. Hochregallager nicht, jedenfalls nicht mit vertretbarem Aufwand, zum Betreten durch Menschen vorgesehen sind. Zulässig ist hierfür die so genannte Einlagerungsinventur (vgl. Budde/Kunz, in Beck’scher Bilanzkommentar, § 241 HGB Rz. 36), d. h. jeder Gegenstand wird bei seiner Einlagerung im Weg der permanenten Inventur inventurmäßig erfasst. Bei der Einlagerungsinventur muss das Lager folgenden Voraussetzungen genügen (vgl. HFA 1/90, WPg 1990, 143, 147):

  • Maschineninterne Kontrollen müssen die Ein- und Auslagerung dokumentieren.
  • Es erfolgt eine Leerplatzkontrolle.
  • Teilentnahmen aus einem Lagerplatz sind nicht möglich.
  • Das Lager ist im laufenden Betrieb nicht begehbar (keine manuellen Entnahmen).

Notwendig ist dann nur noch, die verhältnismäßig wenigen Gegenstände, die während des Geschäftsjahrs nicht bewegt worden sind, einmal im Jahr körperlich zu erfassen, d. h. durch Auslagerung, Zählen und Wiedereinlagerung.

2.3.2.2.3 Vor- und nachverlegte Stichtagsinventur

 

Rz. 20

§ 241 Abs. 3 HGB sieht als weiteres vereinfachtes Inventurverfahren die vor- oder nachverlegte Stichtagsinventur vor. Bei diesem Verfahren erfolgt die Inventur zu einem vom Bilanzstichtag abweichenden Stichtag, der aber höchstens drei Monate vor oder zwei Monate nach dem Bilanzstichtag liegen darf. Der durch die Inventur ermittelte Bestand wird dann wertmäßig, nicht aber mengenmäßig, auf den Bilanzstichtag fortgeschrieben oder zurückgerechnet. Auch diese Inventurform ist weder geeignet für Gegenstände, die einem unkontrollierbaren Schwund unterliegen, noch für besonders wertvolle Gegenstände. Vgl. R 5.3 Abs. 2, 3 EStR.

2.3.2.2.4 Stichprobeninventur

 

Rz. 21

Nach § 241 Abs. 1 HGB kann die Inventur auch anhand von Stichproben erfolgen. Dabei werden Art, Menge und Wert mithilfe anerkannter mathematisch-statistischer Methoden aufgrund von Stichproben ermittelt. Voraussetzung ist, dass das gewählte Verfahren den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzierung entspricht; der Aussagewert eines so aufgestellten Inventars muss dem aufgrund eines im herkömmlichen Verfahren aufgestellten gleichkommen. Die Zulässigkeit der Stichprobeninventur beruht auf der Überlegung, dass bei umfangreichen Beständen die Ermittlung der Bilanzwerte durch Stichproben – bei sorgfältiger Auswahl der Stichproben – zumindest nicht mehr Fehlerquellen aufweist als die herkömmliche Vollinventur.

Die Stichprobeninventur kann auch mit einem der herkömmlichen Inventurvereinfachungsverfahren verbunden werden. Man unterscheidet dann neben der Stichtags-Stichprobeninventur die vor- oder nachgelagerte Stichprobeninventur und die permanente Stichprobeninventur.

Die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Stichprobeninventur für Vorratsvermögen sind in der Stellungnahme HFA 1/1981 i. d. F. 1990, WPg 1990, 649 sowie in HFA 1/90, Abschn. IV, WPg 1990, 143, 146 zusamme...

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