Rz. 143

Bei Termingeschäften, die der Kurssicherung dienen ("geschlossene Positionen"; Hedges), ist die wesentliche Frage, ob das Kurssicherungsgeschäft mit dem gesicherten Geschäft bzw. Wirtschaftsgut hinsichtlich der Bewertung des Kursrisikos (Währungsrisikos) zu einer "Bewertungseinheit" zusammengefasst werden kann. Geschieht dies nicht, führen Kursänderungen nach dem Imparitätsgrundsatz zum Ausweis von Verlusten, während die dazugehörigen Gewinne nicht ausgewiesen werden dürfen. Hat der Kaufmann etwa Devisen auf Termin verkauft, weil er eine Fremdwährungsforderung hat, führen sinkende Devisenkurse bei der Fremdwährungsforderung zu einem Verlust, bei dem Termingeschäft zu einem Gewinn; bei steigenden Kursen ist es umgekehrt. Er müsste nun den Verlust (z. B. durch Abwertung der Fremdwährungsforderung) ausweisen, während der Gewinn bei dem Termingeschäft noch nicht realisiert ist. Kauft der Kaufmann Devisen auf Termin, weil er eine Fremdwährungsverbindlichkeit hat, gilt Entsprechendes. Sinkende Kurse führen zu einem Verlust bei dem Termingeschäft, aber einem Gewinn bei der Verbindlichkeit, steigende Kurse führen zu einem Gewinn bei dem Termingeschäft, aber einem Verlust bei der Fremdwährungsverbindlichkeit.

Der Kaufmann müsste also Kursverluste (z. B. durch Abwertung der Fremdwährungsforderung bzw. durch Ansatz des höheren Rückzahlungsbetrags bei der Fremdwährungsverbindlichkeit; bei Verlusten aus dem Termingeschäft jeweils durch eine Drohverlustrückstellung) ausweisen, obwohl er das Kurssicherungsgeschäft gerade zur Vermeidung solcher Kursverluste eingesetzt hat, und durch den Gewinn bei dem korrespondierenden Geschäft (je nach Kursentwicklung das Fremdwährungsgeschäft oder das Termingeschäft) bei Fälligkeit ein solches Risiko tatsächlich auch nicht besteht.[1]

 

Rz. 144

§ 254 HGB i. d. F. des BilMoG[2] lässt die Bildung von Bewertungseinheiten durch Zusammenfassung von Aktiv- und Passivpositionen zum Ausgleich gegenläufiger Wertveränderungen oder Zahlungsströme bei Einsatz von Finanzinstrumenten zu. Finanzinstrumente i. d. S. sind auch Termingeschäfte über Waren. § 254 HGB stellt damit eine Ausnahme vom Prinzip der Einzelbewertung dar.[3] Die Bildung von Bewertungseinheiten bzw. die Saldierung von Gewinnen und Verlusten nach IFRS und US-GAAP sind nicht maßgebend.[4] Das Prinzip der Einzelbewertung kann nach § 252 Abs. 2 HGB außer in Kurssicherungsgeschäften auch in begründeten Fällen durchbrochen werden. Solche Ausnahmen sind, mit dem Kurssicherungsgeschäft vergleichbar, die Berücksichtigung von Versicherungsansprüchen bei Rückstellungen für Schadensersatz und die Berücksichtigung von Delkredereversicherungen bei der Forderungsbewertung.

 

Rz. 144a

Handelsrechtlich sind Kursrisiken durch die Bildung von Bewertungseinheiten nicht gewinnmindernd auszuweisen, soweit das Kursrisiko durch Kurssicherungsgeschäfte gesichert ist.[5] Es wird dadurch eine "Bewertungseinheit" zwischen dem Risikogeschäft und dem Deckungsgeschäft geschaffen, das eine Ausnahme vom Gebot der Einzelbewertung des § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB und damit von dem daraus abgeleiteten Saldierungsverbot nach § 246 Abs. 2 S. 1 HGB bedeutet.

Nach § 5 Abs. 1a S. 2 EStG sind die nach handelsrechtlichen Grundsätzen gebildeten und jetzt in § 254 HGB geregelten Bewertungseinheiten bei Geschäften zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgebend.

Ob die Vorschrift nur für die steuerliche Gewinnermittlung oder auch für die Einkommensermittlung maßgeblich ist, ist höchstrichterlich noch ungeklärt. Die bisherige Rspr. spricht sich jedoch gegen eine Heranziehung zur Einkommensermittlung aus.[6] Diese Vorschrift ist durch Gesetz v. 28.4.2006[7] eingeführt worden. Sie gilt ab Vz 2006. Es handelt es sich nur um eine Klarstellung, soweit es sich um Mikro-Hedges (Rz. 144c) handelt, dagegen um eine ab 2006 geltende konstitutive Regelung für die anderen Formen des Hedging[8], da die handelsrechtlichen Grundsätze auch schon vor der Gesetzesänderung aufgrund des Maßgeblichkeitsgrundsatzes für das Steuerrecht galten. Grund für die Bildung bilanzieller Bewertungseinheiten ist, dass nur dadurch das tatsächlich bestehende Risiko zutreffend dargestellt werden kann. Die Anwendung des strengen Imparitätsgrundsatzes würde durch Ausweis der Risiken und Nichtausweis der damit verbundenen Gewinne zu einem unrichtigen Ausweis der Vermögenslage des Unternehmens führen.

 

Rz. 144a1

Nach Abs. 1a S. 2 sind die nach handelsrechtlichen Grundsätzen (zulässigerweise) gebildeten Bewertungseinheiten zu berücksichtigen ("kompensatorische Bewertung"). Es kommt daher nur darauf an, ob die Bewertungseinheit nach handelsrechtlichen Vorschriften zulässig war, und ob sie in der Handelsbilanz tatsächlich gebildet worden ist. Dann ist sie nach dem Grundsatz der Maßgeblichkeit auch steuerlich zu bilden. Da es sich um eine Ausprägung des Grundsatzes der Maßgeblichkeit handelt, besteht die Bindung nur an den Einzelabschluss nach HGB, nicht an den Konzernabschluss oder ...

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