Prof. Dr. Gerrit Frotscher, Prof. Dr. Christoph Watrin
Rz. 323
Das Institut des Sonderpostens mit Rücklageanteil wird regelmäßig als technisches Mittel genutzt, um die Gewinne aus der Auflösung von Bilanzpositionen aufgrund von Gesetzesänderungen über einen bestimmten Zeitraum zu verteilen. Das ist etwa der Fall bei der Änderung der gesetzlichen Regelung für die Bewertung von Rückstellungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a i. d. F. des Gesetzes v. 24.3.1999. Nach § 52 Abs. 16 S. 7 können 90 v. H. des hierdurch entstehenden Gewinns in eine steuermindernde Rücklage eingestellt werden, die dann über die folgenden neun Wirtschaftsjahre gewinnerhöhend aufzulösen ist. Einzelheiten vgl. Rz. 388, 412, 416, 424. Entsprechendes gilt für die Einführung des Wertaufholungsgebots.
Grundsätzlich kann nach dem Prinzip der "umgekehrten Maßgeblichkeit" eine Rücklage (Sonderposten mit Rücklageanteil) in der Steuerbilanz nur gebildet werden, wenn diese Rücklage auch in der Handelsbilanz gebildet wird. In den hier besprochenen Fällen erfolgt jedoch die Auflösung der Bilanzposition häufig nur in der Steuerbilanz, nicht in der Handelsbilanz. Damit tritt nur in der Steuerbilanz ein Bilanzgewinn ein, der durch die Bildung der Rücklage neutralisiert werden kann. Handelsrechtlich wird dann jedoch kein Gewinn ausgewiesen; eine Bildung einer Rücklage ist daher nicht möglich. Daraus ist zu folgern, dass für die Bildung der Rücklage nach § 52 Abs. 16 der Grundsatz der (umgekehrten) Maßgeblichkeit nicht gilt. Wenn sich der Gesetzgeber für bestimmte Bilanzpositionen von dem Grundsatz der Maßgeblichkeit löst, muss das auch für die daran anknüpfende Streckung der steuerlichen Folgen durch eine Rücklage gelten. Vgl. hierzu Küting/Harth, DStR 2000, 214. Entsprechend bestimmt BMF v. 25.2.2000, IV C 2 – S 2171b – 14/00, BStBl I 2000, 372, Tz. 37 für die Wertaufholung, dass die Rücklage nach § 52 Abs. 16 nur dann der umgekehrten Maßgeblichkeit unterliegt, wenn und soweit auch in der Handelsbilanz ein Gewinn ausgewiesen worden ist.
Im Unterschied hierzu ist bei der Beseitigung der Drohverlustrückstellung die Auflösung der Rückstellung selbst über einen bestimmten Zeitraum gestreckt worden, sodass sich eine Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil erübrigte (vgl. Rz. 447).