Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe, Prof. Dr. Axel Mutscher
18.2.1 Bewertung von eingelegten Wirtschaftsgütern mit dem Teilwert
Rz. 417
Einlagen von Wirtschaftsgütern sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG grundsätzlich mit dem Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung zu bewerten. Dabei unterscheidet sich der Teilwert i. S. v. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht von dem allgemeinen Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Durch den Ansatz des Teilwerts soll erreicht werden, dass steuerfrei gebildetes oder bereits versteuertes Vermögen nicht nach seiner Einlage in den Betrieb den steuerpflichtigen Gewinn erhöht. M. a. W.: Wertsteigerungen des Privatvermögens sollen nicht das Betriebsvermögen erhöhen.
Rz. 418
Dieser Grundsatz gilt nicht nur bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG, sondern auch bei der Gewinnermittlung durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Er gilt gleichermaßen auch für die Umwidmung von Wirtschaftsgütern, die ein Stpfl. für private Zwecke gebraucht hatte, um nunmehr damit Einkünfte zu erzielen, z. B. solche aus nicht selbstständiger Arbeit. Er schafft sich beispielsweise ein häusliches Arbeitszimmer an und stellt dort bisher zu Wohnzwecken verwendete Möbel hinein. Es handelt sich dabei um einen einlageähnlichen Vorgang. Der Stpfl. kann als AfA nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG nur den Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abziehen, der auf die Zeit nach der Umwidmung entfällt. Die Begrenzung der Abziehbarkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG erfasst nicht auch Aufwendungen für Arbeitsmittel nach § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG.
Rz. 419
Der Grundsatz der Bewertung mit dem Teilwert gilt für die Einlage aller Arten von Wirtschaftsgütern, auch von immateriellen Wirtschaftsgütern, z. B. einem Firmenwert oder von Nutzungsrechten, nicht aber für bloße Nutzungen, die nicht einlagefähig sind. Der Einlagewert führt zu fiktiven Anschaffungskosten als Bemessungsgrundlage für die AfA nach § 7 EStG (§ 7 EStG Rz. 70).
Rz. 420
Beispielsweise erwirbt jemand ein bisher landwirtschaftlich genutztes Kiesgrundstück in vorweggenommener Erbfolge. Nachdem er sich den Kiesabbau vom Landratsamt hat genehmigen lassen, meldet er die Eröffnung eines Kies- und Sandbetriebs an und legt in diesen das Wirtschaftsgut "Kiesvorkommen" zum Teilwert ein. Der III. Senat des BFH hat die Einlage eines schon im Privatvermögen entstandenen Bodenschatzes "Kiesvorkommen" nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG für möglich gehalten, mit der Folge, dass dem Stpfl. anschließend AfS nach § 7 Abs. 6 EStG auf das Wirtschaftsgut "Kiesvorkommen" zustehen. Hingegen hat der VIII. Senat des BFH in dem Vorgang wohl nur die Überlassung von Nutzungsvorteilen gesehen, die nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH mit 0 EUR anzusetzen sind. Der Große Senat hat nunmehr ein vor der Zuführung zum Betriebsvermögen entdecktes und durch einen Antrag auf Abbaugenehmigung konkretisiertes Kiesvorkommen auf eigenem Grundstück als materielles Wirtschaftsgut beurteilt, das im Fall einer anschließenden Einlage in das Betriebsvermögen mit dem Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG anzusetzen ist. Er hat jedoch AfS auf den Einlagewert versagt. Diese Rechtsfolge lässt sich vermeiden, indem der Bodenschatz in eine neu zu gründende GmbH & Co. KG gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht wird. Zur erstmaligen Entstehung eines Bodenschatzes als selbstständiges Wirtschaftsgut wird auf die Entscheidung des BFH verwiesen.
Rz. 421
Eine verdeckte Einlage eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft durch einen auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Verzicht auf seine nicht voll werthaltige Forderung gegenüber der Kapitalgesellschaft führt auf Seiten der Kapitalgesellschaft zu einer Einlage in Höhe des Teilwerts der Forderung, also in Höhe ihres noch werthaltigen Teils. Beim verzichtenden Gesellschafter erhöhen sich dessen Anschaffungskosten auf die Beteiligung nach § 6 Abs. 6 S. 2 EStG um den Teilwert der eingelegten Forderung.
Rz. 422
Beispielsweise hält ein Gesellschafter eine Beteiligung an einer GmbH in seinem Betriebsvermögen. Um die Gesellschaft vor der Insolvenz zu retten, verzichtet er auf eine zu seinem Betriebsvermögen gehörende Forderung von 1.000 EUR gegen die GmbH. Der werthaltige Teil der Forderung beträgt in der Krise nur noch 0 EUR, da mit einer Insolvenzquote nicht zu rechnen ist. Die Einlage ist mit dem Teilwert von 0 EUR zu bewerten. Die Gesellschaft bucht infolge des Wegfalls der Schuld einen a. o. Ertrag von 1.000 EUR. Beim Gesellschafter scheiden nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung infolge eines Teilwerts von 0 EUR aus. Der Verzicht führt in seinem Betriebsvermögen mit dem Fortfall der Forderung zu einem a. o. Aufwand von 1.000 EUR. Anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn ein Gesellschafter eine Schuld der Gesellschaft übernimmt und von vornherein auf einen Rückgriffsanspruch verzichtet. Dann fehlt es an einer mit dem Teilwert zu bewertenden Einlage des Gesellschafters. Die Schuld der Gesellschaft ist auszubuchen und mit dem Freihaltea...