Rz. 29b

Problematisch ist auch ab 2016 insbesondere die nachträgliche Geltendmachung von Investitionsabzugsbeträgen. In den Gesetzesmaterialien wird die Auffassung vertreten, dass die zur bis 2015 geltenden Rechtslage vorgesehenen Einschränkungen im Fall einer nachträglichen Geltendmachung auch für ab dem 1.1.2016 endende Wirtschaftsjahre zur Anwendung kommen.[1] Dieser Ansicht ist nicht zu folgen.[2] Zeitlich beschränkt wird die Inanspruchnahme lediglich durch den Eintritt der Bestandskraft des Steuerbescheids für das Jahr, für das der Abzug geltend gemacht worden ist.[3]

 

Rz. 29c

Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung[4] war die nachträgliche Inanspruchnahme des Abzugsbetrags unzulässig, wenn er spätere Einkommenserhöhungen (insbesondere nach einer Betriebsprüfung) ausgleicht (Rz. 35b). Nach der Gesetzesbegründung[5] sollte diese Einschränkung auch für ab dem 1.1.2016 endende Wirtschaftsjahre trotz Gesetzesänderung fortbestehen.

Spätestens mit dem BMF-Schreiben v. 20.3.2017 änderte die Finanzverwaltung ihre Auffassung. Danach sollte der Antrag zwar grundsätzlich mit der Steuererklärung eingereicht werden. Der Investitionsabzugsbetrag könne aber auch noch jederzeit nachträglich, z. B. zur Kompensation eines Betriebsprüfungsergebnisses, gebildet werden, solange der Steuerbescheid änderbar ist. Die Regelungen dieses Schreibens waren für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die in den nach dem 31.12.2015 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen wurden.[6]

Diese Auffassung findet sich dem Grunde nach auch im BMF-Schreiben v. 15.6.2022 wieder. Danach können Investitionsabzugsbeträge ohne weitere Angaben entweder im Rahmen der Steuererklärung oder nach der erstmaligen Steuerfestsetzung bzw. gesonderten Feststellung (z. B. im Rechtsbehelfsverfahren oder durch Änderungsantrag nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a) AO) geltend gemacht werden, soweit die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.[7]

Damit kann der Antrag auf Investitionsabzugsbetrag nicht nur im Rahmen der erstmaligen Steuererklärung gestellt werden. Sofern die Veranlagung verfahrensrechtlich noch änderbar ist (z. B. bei Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO) ist auch noch eine nachträgliche Beantragung möglich.[8]

Zu den Einschränkungen für die Hinzurechnung von Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG, die mit dem JStG 2020 eingefügt wurden und ab 2021 gelten, siehe Rz. 60aa.

Rz. 30–36 einstweilen frei

[1] BT-Drs. 18/4902, 42.
[2] Kulosa, in Schmidt, EStG, 2017, § 7g EStG Rz. 20.
[3] Kulosa, in Schmidt, EStG, 2020, § 7g EStG Rz. 41-43; gl. A. wohl Grützner, StuB 2015, 904ff.
[5] BT-Drs. 18/4902, 49.

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