Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
3.2.1 Allgemeines (§ 7g Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 EStG)
Rz. 61
Wird ein begünstigtes Wirtschaftsgut planmäßig angeschafft oder hergestellt, so können die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten im Jahr der Investition reduziert werden. Hierdurch hat der Stpfl. die Möglichkeit, den Hinzurechnungsbetrag nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG (Rz. 60ff.) gewinnmindernd zu kompensieren. Die Minderung kann gem. § 7g Abs. 2 S. 3 Halbs. 1 EStG bis zu 50 % (ab 2020) bzw. bis 31.12.2019 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen, maximal aber in Höhe des Hinzurechnungsbetrags. Die Bemessungsgrundlage für die weitere AfA vermindert sich entsprechend, und zwar im Fall einer Bilanzierung innerhalb der Bilanz (§ 7g Abs. 2 S. 3 EStG). Gleichzeitig wird der Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG gewinnerhöhend hinzugerechnet (Rz. 60). Hierdurch hat der Stpfl. die Möglichkeit, den Hinzurechnungsbetrag gewinnmindernd zu kompensieren.
Die betrieblichen Größenmerkmale müssen im Investitionsjahr für die Anwendung von § 7g Abs. 2 EStG – anders als für die Zulässigkeit von Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG – nicht erfüllt sein.
Bei der Gewinnermittlung durch Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist das Wahlrecht in dem nach § 4 Abs. 3 S. 5 EStG zu führenden Verzeichnis auszuüben.
Bei Mitunternehmerschaften ist der Abzug nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG in dem (jeweiligen) Vermögensbereich vorzunehmen, in dem die Investition erfolgt, also z. B. im Sonderbereich, soweit hier eine Investition vorgenommen wird. Dies ergibt sich aus der Systematik von § 7g Abs. 2 S. 3 EStG, nach dem die Absetzungen von den Anschaffungs- /Herstellungskosten vorzunehmen sind. Diese muss derjenige aktivieren, der sie getragen hat. Dementsprechend ist auch nur in diesem Vermögensbereich ein Betrag nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG abzuziehen (s. a. Rz. 60b für die Hinzurechnung).
Rz. 62
Der Abzug ist nur im Wirtschaftsjahr der Investition zulässig; eine spätere Inanspruchnahme scheidet aus. Wird dennoch der Abzug nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG in einem späteren Jahr vorgenommen, ist die Bilanz unrichtig und damit zu ändern.
Eine nachträgliche Geltendmachung bzw. Erhöhung eines Abzugs nach § 7g Abs. 2 S. 3 EStG ist nur gem. § 4 Abs. 2 S. 2 EStG im Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung möglich, da es sich bei § 7g Abs. 2 S. 3 EStG um ein steuerliches Wahlrecht handelt.
3.2.2 Auswirkung des Abzugsbetrags auf die AfA und geringwertige Wirtschaftsgüter nach § 6 Abs. 2, 2a EStG (Abs. 2 S. 3 Halbs. 2)
Rz. 63
Die im Jahr der Investition vorzunehmende Herabsetzung der Investitionskosten um bis zu 40 % bzw. 50 % verringert die AfA-Bemessungsgrundlage. Die Herabsetzung ist auch bei sog. geringwertigen Wirtschaftsgütern i. S. v. § 6 Abs. 2 EStG und bei der Bildung eines jahresbezogenen Sammelpostens nach § 6 Abs. 2a EStG entsprechend zu berücksichtigen. Sinken durch den gewinnmindernden Abzug die maßgeblichen Anschaffungskosten unter 800 EUR, ist ein Sofortabzug nach § 6 Abs. 2 EStG zulässig. Hierdurch können bei entsprechender Gestaltung erhebliche Steuerstundungseffekte erzielt werden.
Auswirkungen des Investitionsabzugsbetrags auf Wertgrenze beim GWG
G erwirbt in 04 einen Bürostuhl für 1.000 EUR (netto).
Lösung:
Die Anschaffungskosten für den Bürostuhl können entweder in den jahresbezogenen Sammelposten für 04 eingestellt werden, da sie 250 EUR übersteigen, oder sie werden über die AfA abgeschrieben (R 6.13 EStR 2012). Allerdings kann dies über einen in den Vorjahren 01-03 gebildeten Investitionsabzugsbetrag vermieden werden. In 04 sind die Anschaffungskosten des Bürostuhls dann um mindestens 200 EUR zu mindern, damit eine Behandlung als geringwertiges Wirtschaftsgut nach § 6 Abs. 2 EStG möglich ist. Bei Inanspruchnahme der höchstzulässigen Kürzung (40 %) betragen die gekürzten Anschaffungskosten: 1000 ./. 400 = 600 EUR. Der Gewinn von G erhöht sich dann in 04um400 EUR durch Auflösung des Investitionsabzugsbetrags und reduziert sich um 400 EUR durch Kürzung der Anschaffungskosten. Außerdem ist ein Sofortabzug hinsichtlich der verbleibenden AK i. H. v. 600 EUR als geringwertiges Wirtschaftsgut (§ 6 Abs. 2 EStG) möglich. Dieser mindert den Gewinn für 04um 600 EUR.
Mit dem Entwurf des "Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)" ist geplant, die Höchstbeträge für geringwertige Wirtschaftsgüter von 800 EUR auf 1.000 EUR und die Obergrenze für Sammelposten auf 5.000 EUR anzuheben. Für den Sammelposten soll die Auflösungsdauer von fünf Jahren auf drei Jahre gesenkt werden. Die Regelungen sollen für Wirtschaftsgüter gelten, die nach dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt wurden.
Rz. 64 einstweilen frei