5.13.2.1 Begriff
Rz. 228
Die Familienstiftung als besondere Ausprägungsform der Stiftung eignet sich aus zivil- und steuerrechtlichen Gründen ganz besonders als Instrument zur Regelung der Unternehmensnachfolge. Die Familienstiftung kann dazu beitragen, das Unternehmen vor Zerschlagung oder Zersplitterung zu schützen und einen dauerhaften Einfluss gemäß den Werten und Wünschen des Stifters sicherzustellen. Zur Regelung der Unternehmensnachfolge wird die Familienstiftung i. d. R. als Beteiligungsträgerstiftung eingesetzt (Stiftungsholding, Stiftung & Co. KG, Doppelstiftung).
Rz. 229
Der Begriff der Familienstiftung ist gesetzlich nicht einheitlich definiert (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, § 15 Abs. 2 AStG; s. aber auch § 2 Abs. 3 Hessisches Stiftungsgesetz). Die Finanzverwaltung qualifiziert eine Stiftung als Familienstiftung, wenn nach der Stiftungssatzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge (Destinatäre) zu mehr als 50 % bezugs- oder anfallsberechtigt sind (§ 15 Abs. 2 AStG). Treten zusätzliche Merkmale hinzu (z. B. ein wesentlicher Einfluss der Familie auf die Geschäftsführung der Stiftung), kann eine Familienstiftung bereits bei einem Bezugs- und Anfallsrecht von nur 25 % zu bejahen sein. Handelt es sich bei der Stiftung um eine Familienstiftung, so unterliegt sie alle 30 Jahre der Erbersatzsteuer, ohne dass es zu einem Rechtsträgerwechsel kommt (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG).
Rz. 230
Die zentralen Motive für die Errichtung einer Familienstiftung zur Regelung der Unternehmensnachfolge lauten wie folgt:
- Verhinderung der Zersplitterung des Vermögens zwischen den Abkömmlingen (Stiftungsgründung, damit Anteile am Unternehmen nicht unter Kindern aufgeteilt und weiterveräußert werden);
- Keine oder nur ungeeignete Abkömmlinge als Gesellschafter oder Inhaber (aber: Anteilsnachfolge löst nicht die Führungsnachfolge im Unternehmen);
- Vermeidung von Liquiditätsabflüssen (Verringerung Pflichtteilsansprüche, Vermeidung von Abfindungen, z. B. an nach dem Gesellschaftsvertrag nicht qualifizierte Erben);
- Unbefristete Einflussnahme auf die Vermögensverwendung "ad infinitum" (Stifterwille durch Satzung grds. unbegrenzt für nachfolgende Generationen verbindlich; Testamentsvollstreckung nur 30 Jahre);
- Finanzielle Absicherung der Familie/Nachkommen (laufende Versorgung der Begünstigten (Destinatäre) durch Ausschüttungen (Destinatszahlungen) der Stiftung);
- Steuerliche Optimierung (eine Stiftung ist im Grundsatz zwar kein Steuersparmodell, sie kann aber im Einzelfall steuerlich vorteilhaft sein, insbes. bei der Nachfolgeplanung).
5.13.2.2 Besteuerung
5.13.2.2.1 Vorbemerkung
Rz. 231
Familienstiftungen erhalten im Gegensatz zu gemeinnützigen Stiftungen (Rz. 242ff.) keine Steuervergünstigungen. Sie werden bei Errichtung, Verwaltung sowie Beendigung besteuert und unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG zusätzlich alle 30 Jahre der Erbersatzsteuer.
5.13.2.2.2 Errichtung und Beendigung
Rz. 232
Die Errichtung einer Familienstiftung durch Übertragung von Vermögen von Todes wegen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG) oder zu Lebzeiten (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG) ist erbschaft- und schenkungsteuerpflichtig. Als stpfl. Erwerb gilt gem. § 10 Abs. 1 ErbStG die Bereicherung der Stiftung, soweit sie nicht steuerfrei ist. Das ErbStG enthält zahlreiche Steuerbefreiungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1-18 ErbStG), die auch bei Zuwendungen an eine Familienstiftung anwendbar sind. So kann z. B. die Übertragung von Kunstgegenständen und -sammlungen unter den in § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG genannten Voraussetzungen erbschaft- und schenkungsteuerfrei erfolgen.
Rz. 233
Relevanter als die Steuerbefreiungen sind die Verschonungsregeln für Betriebsvermögen (§§ 13a, 13b, 13c und § 28a ErbStG), wenn die Stiftung zur Regelung der Unternehmensnachfolge mit begünstigungsfähigen Betriebsvermögen ausgestattet wird (Rz. 205). Mit einer Stiftung lässt es sich unter dem aktuellen ErbStG ideal in die Verschonungsbedarfsprüfung des § 28a ErbStG hinein strukturieren. Hierzu erwirbt die Stiftung als "armer Erwerber", d. h. ohne verfügbares Vermögen, das Betriebsvermögen vom Stifter. Besteht das Unternehmen nach Durchlaufen des Verwaltungs- und Finanzmitteltests ausschließlich aus begünstigtem Vermögen, können Unternehmensbeteiligungen – unabhängig von ihrem Wert, d. h. auch weit jenseits der 90 Mio. EUR-Grenze – ohne eine erbschaft- und schenkungsteuerliche Belastung auf die Stiftung übertragen werden. Daher kann eine Stiftung ausnahmsweise auch aus rein steuerlichen Erwägungen ein interessantes Gestaltungsmittel für die Unternehmensnachfolge sein..
Rz. 234
Eine Besonderheit bei ...