7.2.1 Erbschaftsteuerliche Sicht
Rz. 307
Die Frage, welche Finanzierungsform sich bei der Unternehmensnachfolge erbschaftsteuerlich günstiger auswirken kann, muss differenziert nach Personengesellschaft (PersG) und Kapitalgesellschaft (KapG) beurteilt werden. Hierbei wird folgender Fall exemplarisch zugrunde gelegt: Der gemeine Wert des Unternehmens des V beträgt unabhängig von der Rechtsform 100 (Unternehmenswert). Das Unternehmen erzielt einen jährlichen konstanten Gewinn von 6,5 % seines Unternehmenswerts. Erbschaftsteuerliches Verwaltungsvermögen existiert im Unternehmen nicht. Die Unternehmensanteile von V gehen auf S über, der für den Erwerb die Optionsverschonung nach § 13a Abs. 10 ErbStG (100 % Verschonungsabschlag) beantragt. Alternativ hat V vor mehr als 2 Jahren vor dem Übertragungsstichtag dem Unternehmen ein Gesellschafterdarlehen i. H. v. 15 gewährt (Zins: 6 % p. a. des Unternehmenswerts).
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Eigenfinanzierung |
Gesellschafter-Fremdfinanzierung |
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PersG oder KapG |
PersG |
KapG |
Gemeiner Wert des Unternehmens (vor Darlehen) |
100 |
100 |
100 |
– Darlehensverbindlichkeit |
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– 15 |
– 15 |
Gemeiner Wert des Unternehmens (nach Darlehen) |
100 |
85 |
85 |
+ Darlehensforderung (Sonderbetriebsvermögen) |
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+ 15 |
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= begünstigtes Unternehmensvermögen |
100 |
100 |
85 |
– Verschonungsabschlag in % |
100 % |
100 % |
100 % |
= steuerpflichtiges Unternehmensvermögen |
0 |
0 |
0 |
+ Darlehensforderung (Privatvermögen) |
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+ 15 |
= steuerpflichtiger Erwerb |
0 |
0 |
15 |
x Steuersatz nach § 19 ErbStG |
30 % |
30 % |
30 % |
= Steuerbelastung insgesamt |
0 |
0 |
4,5 |
Rz. 308
Die Eigenfinanzierung ergibt keine rechtsformabhängigen Unterschiede bei der ErbSt. Bei einer Fremdfinanzierung des Unternehmens durch Gesellschafterdarlehen kann die Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) steuerlich vorteilhaft sein. Denn die Darlehensforderung als Sonderbetriebsvermögen zählt zum Mitunternehmeranteil als begünstigungsfähiges Betriebsvermögen (§ 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) und nimmt daher grundsätzlich ebenfalls an der Verschonung teil. Erbschaftsteuerlich ist allerdings zu beachten, dass Forderungen im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters gegen die Personengesellschaft als Finanzmittel i. S. des § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG zu qualifizieren sind. Sie können daher zu stpfl. Verwaltungsvermögen führen. Das ist allerdings nicht der Fall, wenn Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen in gleichem Umfang übertragen werden und sich daher die Forderung im Sonderbetriebsvermögen und die entsprechende Verbindlichkeit im Gesamthandsvermögen in gleicher Höhe gegenüberstehen. Eine ErbSt fällt nur in der Alternative der Kapitalgesellschaft in Höhe des dem Privatvermögen zuzuordnenden Gesellschafterdarlehens an. Diese Darlehensforderung ist erbschaftsteuerlich nicht begünstigt. Hinsichtlich der Finanzierung bleibt für die Variante der Kapitalgesellschaft daher festzuhalten, dass sich die Gesellschafter-Fremdfinanzierung im Vergleich zur Eigenkapitalfinanzierung deutlich schlechter stellt.
Rz. 309–311 einstweilen frei
7.2.2 Ertragsteuerliche Sicht
Rz. 312
Aus ertragsteuerlicher Sicht wird die Entscheidung für eine bestimmte Finanzierungsform vor allem durch die unterschiedliche Behandlung von Eigen- und Fremdkapitalvergütungen bestimmt, wobei Fremdkapital – im Gegensatz zum Eigenkapital – nicht nur durch den Gesellschafter (Gesellschafter-Fremdfinanzierung), sondern auch durch Dritte gewährt werden kann.
Rz. 313
Bei der klassischen Eigenkapitalfinanzierung werden Kapitalgesellschaften im Zuge der Gründung bzw. einer späteren Kapitalerhöhung mit Nennkapital (Stammkapital, Grundkapital) und Personengesellschaften mit entsprechendem Kapital (Kapitalkonten) ausgestattet. Die Gesellschafter können für die insoweit von ihnen erbrachte Einlage nur dann eine Gewinnausschüttung oder Gewinnentnahme erhalten, soweit ein entsprechender Jahresüberschuss erzielt worden ist (§ 29 Abs. 1 GmbHG, § 58 Abs. 4 AktG, §§ 120ff. HGB). Gewinnausschüttungen (Dividenden) einer Kapitalgesellschaft unterliegen stets dem KapESt-Abzug, der bei natürlichen Personen als Empfänger grundsätzlich abgeltende Wirkung hat (§ 43 Abs. 5 EStG). Gehören die Anteile dagegen zum Betriebsvermögen, ist das Teileinkünfteverfahren anzuwenden, sodass die Dividende zu 40 % steuerfrei gestellt wird und im Übrigen (60 %) der persönliche Einkommensteuersatz greift. Dessen Anwendung kann in bestimmten Fällen auch alternativ zur Abgeltungsteuer beantragt werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). Bei einer Personengesellschaft ist der Gewinnanteil unabhängig von einer Entnahme durch den Gesellschafter mit dem persönlichen ESt-Satz zu versteuern, wobei die GewSt auf Ebene der Personengesellschaft (§ 5 Abs. 1 S. 3 GewStG) auf die ESt angerechnet werden kann (§ 35 EStG). Erzielt die Personengesellschaft selbst Dividenden kommt das Teileinkünfteverfahren zur Anwendung, sodass 60 % des Gewinnanteils insoweit gleichermaßen mit dem persönlichen ESt-Satz (unter Anrechnung der von der Personengesellschaft gezahlten GewSt) stpfl. ist.