Frotscher/Geurts, EStG, SolzG § 1 Erhebung eines Solidar ... / 4.2 Solidaritätszuschlagsbescheid als Folgebescheid (§ 1 Abs. 5 SolZG)

Rz. 30

Der Bescheid über den SolZ ist nicht nur inhaltlich (Rz. 8), sondern auch verfahrensmäßig an den Bescheid über die Maßstabsteuer gebunden. Für die Festsetzung des SolZ ist die Steuerfestsetzung der Maßstabsteuer (ESt, KSt) bindend (§ 1 Abs. 5 S. 2 SolZG):^[1] Der Steuerbescheid der Maßstabsteuer ist also Grundlagenbescheid, der Steuerbescheid über den SolZ ist Folgebescheid. Das gilt allerdings nur, soweit die festzusetzende Maßstabsteuer auch tatsächlich die Bemessungsgrundlage für den SolZ bildet. Soweit die Bemessungsgrundlage für den SolZ von der Maßstabsteuer abweicht (wie es bei der ESt der Fall ist), besteht auch keine Bindung. Dies gilt für die Kinderentlastung (§ 3 SolZG Rz. 9ff.) und für die Entlastung Geringverdienender (§ 3 SolZG Rz. 43ff.).^[2]

Die Anfechtung der Festsetzung des SolZ aus verfassungsrechtlichen Gründen ist hingegen gegen die Festsetzung des SolZ selbst zu richten.^[3]

Rz. 31

Aus der Bindung des Bescheids über den SolZ an den Bescheid über die Maßstabsteuer folgt, dass der Bescheid über den SolZ nach § 1 Abs. 5 S. 2 SolZG (der § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO entspricht) an die Änderung oder die Aufhebung des Grundlagenbescheids (Bescheid über die ESt oder KSt) anzupassen ist. Diese Regelung ist jedoch überflüssig (und unvollständig^[4]); ein Verweis auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO wäre richtiger gewesen.

Rz. 32

Die Bindung des SolZ an die Maßstabsteuer, und damit die formelle Abhängigkeit des Solidaritätszuschlagsbescheids als Folgebescheid von dem Bescheid über die Maßstabsteuer als Grundlagenbescheid ist nur maßgeblich, soweit die festgesetzte Maßstabsteuer auch tatsächlich Bemessungsgrundlage des Solz ist. Dies ist bei der ESt als Maßstabsteuer z. T. nicht der Fall, da diese um die Kinderentlastung und die Entlastung für Geringverdienende zu verändern ist (§ 3 SolZG Rz. 9ff, 43ff.). Soweit die ESt zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage des SolZ verändert wird, erfolgt dies außerhalb der ESt-Finkommensteuerfestsetzung und damit auch außerhalb der Bindung des Folgebescheids an den Grundlagenbescheid. Soweit es sich um diese Veränderungen der Bemessungsgrundlage handelt, ist hierüber in dem ESt-Bescheid als Grundlagenbescheid nicht entschieden. Diese Entscheidung hat in dem Bescheid über den SolZ zu erfolgen.^[5]

Rz. 33

Hieraus folgt, dass der Solidaritätszuschlagsbescheid insoweit isoliert geändert werden darf, als Änderungen im Bereich der Kinderentlastung und der Entlastung Geringverdienender betroffen sind. Hierfür muss eine eigenständige Änderungsgrundlage vorliegen (z. B. § 164 Abs. 2 AO); § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO rechtfertigt insoweit die Änderung nicht (zu den Folgen fürd en Rechtsschutz Rz. 34).

[1] BFH v. 9.11.1994, I R 67/94, BStBl II 1995, 305; BFH v. 11.2.2009, X R 51/06, BFH/NV 2009, 1903.

[2] § 3 SolzG Rz. 43ff.

[3] BFH v. 28.6.2006, VII B 324/05, BFH/NV 2006, 1761.

[4] Vgl. das Fehlen einer Änderungsmöglichkeit bei "erstmaliger Festsetzung" der Maßstabsteuer.

[5] BFH v. 27.1.2011, III R 90/07, BFH/NV 2011, 1066