Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
5.3.1 Allgemeines
Rz. 319
Die Grenze zwischen Erhaltungs- und Herstellungsaufwand bei stehenden Gebäuden ist fließend. Die Merkmale zur Abgrenzung von Erhaltungs- und Herstellungsaufwand bei Gebäuden gelten bei selbstständigen Gebäudeteilen i. S. d. R 4.2 Abs. 4 und 5 EStR entsprechend (R 21.1 Abs. 4 EStR).
Rz. 320
Im Unterschied zur Anschaffung liegt im bilanzsteuerrechtlichen Sinne eine Herstellung eines Wirtschaftsguts nur dann vor, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut auf eigene Rechnung und Gefahr herstellt oder herstellen lässt und das Herstellungsgeschehen beherrscht. Der Begriff der Herstellungskosten für die im eigenen Betrieb hergestellten Wirtschaftsgüter entspricht grundsätzlich dem Anschaffungswert der von Dritten erworbenen Wirtschaftsgütern, nur dass Gemeinkosten im Gegensatz zu den Herstellungskosten nicht zu den Anschaffungskosten gehören.
Abgrenzungsprobleme können sich insbesondere dann ergeben, wenn das erworbene Gebäude vor der erstmaligen Nutzung noch umgestaltet wird. Wird das Gebäude hierdurch in seiner Wesensart nicht so verändert, dass wirtschaftlich gesehen ein neues Wirtschaftsgut entsteht, liegen Anschaffungskosten vor. Wird das Gebäude jedoch durch die Umgestaltung derart verändert, dass wirtschaftlich ein neues Wirtschaftsgut entsteht, liegen insgesamt gesehen Herstellungskosten vor.
Eine Antwort auf die Frage, ob bei Anschaffung eines teilfertigen Gebäudes und anschließender Fertigstellung vom Erwerber der Begriff Herstellung weit oder eng auszulegen ist, hat offenbar der BFH in seiner jüngeren Rechtsprechung gefunden.
Rz. 321
Zum Begriff der Anschaffungskosten vgl. "Anschaffungskosten nach HGB und EStG", Rz. 4–31 und zum Begriff der Herstellungskosten vgl. "Herstellungskosten im Abschluss nach HGB und EStG", Rz. 4–34; zu Abgrenzungsfragen siehe auch "Anschaffungskosten nach HGB und EStG", Rz. 32–36.
5.3.2 Zusammentreffen von Herstellungskosten mit Erhaltungsaufwand
Rz. 322
Siehe hierzu "Herstellungskosten im Abschluss nach HGB und EStG", Rz. 59–62.
Rz. 323
Mehrere gleichzeitig an einem Wohngebäude ausgeführte Baumaßnahmen, die teils Herstellungs-, teils Erhaltungsaufwendungen darstellen, sind nur dann insgesamt als Herstellungskosten zu beurteilen, wenn sie bautechnisch ineinander greifen. Andernfalls sind die Aufwendungen ggf. durch Schätzung aufzuteilen.
5.3.3 Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand für ein in Teileigentumsanteile aufgeteiltes Gebäude
Rz. 324
Der BFH hat inzwischen auch zur Abgrenzung von Herstellungs- und Erhaltungsaufwand für ein in Teileigentumsanteile aufgeteiltes Gebäude die folgenden Leitsätze gebildet:
- Ob Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen für ein Gebäude, das in Teileigentumsanteile nach dem Wohnungseigentumsgesetz aufgeteilt ist, sofort abziehbare Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben oder Herstellungskosten sind, ist grundsätzlich für die jeweiligen Teileigentumsanteile gesondert zu entscheiden.
- Diese Prüfung ist zunächst bezogen auf das gesamte Gebäude durchzuführen, soweit Aufwendungen auf das gemeinschaftliche Eigentum entfallen.
- Die danach ermittelten Werbungskosten (Betriebsausgaben) oder Herstellungskosten sind sodann grundsätzlich entsprechend den Miteigentumsanteilen den einzelnen Teileigentumsanteilen zuzuordnen.
- Soweit Aufwendungen auf die im Sondereigentum stehenden Räume entfallen, ist die Prüfung jeweils für das einzelne Sondereigentum vorzunehmen.