Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Beim entgeltlichen Erwerb eines objektiv technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes in Abbruchabsicht ist es ausgeschlossen, den Gebäuderestwert abzuschreiben und die Abbruchkosten als Werbungskosten abzuziehen. Der im Zeitpunkt des Abbruchs noch nicht im Wege der Abschreibungen abgesetzte Teil der Gebäudeanschaffungskosten und die Abbruchkosten sowie evtl. angefallene Räumungsabfindungen an Mieter zählen bei der Neuerrichtung eines Gebäudes zu dessen Herstellungskosten, ansonsten zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
Wenn der Neubau selbst genutzt werden soll, sind der Gebäuderestwert und die Abbruchkosten steuerlich nicht abziehbar.
Ein Steuerpflichtiger, der ein noch nicht verbrauchtes Altgebäude in Abbruchabsicht erworben hat, um auf dem Grundstück ein neues Gebäude zu errichten, hat die auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten beim Grund und Boden als nachträgliche Anschaffungskosten zu erfassen, falls er sich nach dem Abbruch entschließt, nun doch kein neues Gebäude herzustellen.
Bei der Frage einer steuerschädlichen Abbruchabsicht im Zeitpunkt des Erwerbs ist beim Kauf eines Grundstücks auf den Abschluss des notariellen Kaufvertrags abzustellen, nicht auf den Tag des Übergangs von Besitz, Nutzen und Lasten.
Indizien für einen Erwerb in Abbruchabsicht
Ob ein Erwerb in Abbruchabsicht vorliegt oder nicht, kann sich bereits aus dem Kaufvertrag ergeben, wenn die Beteiligten darin vereinbaren, dass der Kauf zum Abbruch geschehe oder dass eine Verpflichtung zum Abbruch bestehe.
Für einen Erwerb in Abbruchabsicht spricht vor allem, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb abbricht. Beginnt der Erwerber eines objektiv technisch und wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäudes innerhalb von 3 Jahren nach Anschaffung mit dessen Abbruch, so spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Erwerb in Abbruchabsicht. Für den Beginn der 3-Jahresfrist ist i. d. R. der Abschluss des obligatorischen Rechtsgeschäfts, d. h. der Abschluss des notariellen Kaufvertrags, maßgebend. Um den Beweis des ersten Anscheins zu entkräften, muss der Steuerpflichtige den Gegenbeweis führen, z. B. dass es zu dem Abbruch erst aufgrund eines ungewöhnlichen, nicht typischen Geschehensablaufs gekommen ist. Nicht erforderlich ist der Vollbeweis des Gegenteils.
Um den Anscheinsbeweis zum Erwerb eines Gebäudes mit Abbruchabsicht zu entkräften, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt sein.
In Ausnahmefällen kann aufgrund besonderer Umstände aber auch bei einem längeren Zeitraum der Anschein für einen Erwerb in Abbruchabsicht sprechen, z. B. bei großen Arrondierungskäufen (= Käufen zur Neuordnung von Bebauungsplänen). Allerdings hat das Finanzamt dann hierfür die Nachweislast.
Eine Abbruchabsicht beim Erwerb eines Gebäudes ist auch dann zu bejahen, wenn der Erwerber den schlechten baulichen Zustand des Gebäudes kannte und für den Fall der Undurchführbarkeit des geplanten Umbaus den Abbruch des Gebäudes billigend in Kauf genommen hat. Eine bedingte Abbruchabsicht kann auch dann bejaht werden, wenn ein Gebäude zwar von der Gebäudestruktur in Ordnung ist, aber aufgrund seiner technischen Ausstattung nur noch für eine begrenzte Zeit mit behördlicher Ausnahmegenehmigung genutzt werden kann und dies dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt des Erwerbs bekannt ist. Die Abbruchabsicht liegt auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige die Abbruchverpflichtung notgedrungen übernommen hat.
Wird das in Abbruchabsicht erworbene Gebäude beseitigt, ohne dass an seiner Stelle ein neues Gebäude errichtet oder hergestellt wird, sind die Abbruchaufwendungen allein den Anschaffungskosten für den Grund und Boden zuzurechnen; dies gilt auch für den Fall, dass das Gebäude objektiv noch einen Wert hatte und der Steuerpflichtige beim Kauf für den Erwerb des Gebäudes einen Kaufpreisanteil zahlen musste.
Beim Erwerb eines bebauten Grundstücks in Abbruchabsicht sind die Abbruchkosten für das Gebäude auch dann den Anschaffungskosten für den Grund und Boden zuzurechnen, wenn weder anstelle noch an seiner Stelle, sondern auf dem einige Monate später unbebaut erworbenen Nachbargrundstück ein neues Gebäude errichtet worden ist und die Anschaffung des bebauten Grundstücks lediglich der Nutzung als Zufahrt zum Baugrundstück und als Reservegrundstück diente, ohne dass der Erwerber Wirtschaftsgüter – wie die Anlegung eines Parkplatzes – habe schaffen wollen. Auch bei einem Grundstück, das mit der Absicht erworben wird, es abzubrechen, um anschließend das unbebaute Grundstück zum Zwecke der Bebauung in Erbpacht zu verpachten, stellen sowohl die Abbruchkosten wie auch der Gebäuderestwert Anschaffungskosten des unbebauten Grundstücks dar.
AfA bei Erwerb in Abbruchabsicht
Wird das in Abbruchabsicht erworbene Gebäude noch weiter zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt, ist bis zum Abbruchzeitpunkt die normale Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4...