Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
1. Über die Frage, ob und welches betriebliche Fahrzeug dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung überlassen ist, entscheidet das FG unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung.
2. Kommt es nach einer Würdigung des klägerischen Sachvortrags und der Einvernahme von Zeugen zu der Überzeugung, dass der Arbeitnehmer zur privaten Nutzung des Pkws befugt sei, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich das Vorbringen des Klägers im Ergebnis darin erschöpft, die Richtigkeit der verstandesmäßig einsichtigen Schlussfolgerungen des FG zu bestreiten.
Normenkette
§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO
Sachverhalt
K, neben N zu 50 % an der X GmbH beteiligt, ist deren einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Ks Ehefrau ist für die X GmbH als Angestellte tätig. Ks 1996 geschlossener Geschäftsführervertrag enthielt nichts zu einer Kfz-Überlassung. Für betriebliche Zwecke überließ die X GmbH dem K jeweils ein Fahrzeug, laut Versicherungsschein "privat/geschäftlich/freiberuflich" zu nutzen. Die bei der X GmbH durchgeführte LSt-Außenprüfung meinte, den Arbeitnehmern der X GmbH hätten firmeneigene Kfz für die Privatnutzung uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung gestanden. Darauf erfasste das FA mittels 1 %-Regelung und 0,03 %-Zuschlag bei K zusätzlichen Arbeitslohn. Die Klage blieb erfolglos (FG Münster, Urteil vom 21.2.2013, 13 K 4396/10 E, Haufe-Index 3707862, EFG 2013, 920). Nach Ks Vortrag und nach Einvernahme des N und des Lohnsteuerprüfers stehe fest, dass die X GmbH K ein betriebliches Kfz auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt habe.
Entscheidung
Der BFH bestätigte aus den unter den Praxis-Hinweisen erläuterten Erwägungen das FG und wies Ks Revision zurück.
Hinweis
Spätestens seit den Urteilen des Lohnsteuersenats vom April 2013 gilt: Überlässt der Arbeitgeber einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt das zu Lohn, und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen Pkw tatsächlich privat nutzt. Entscheidend ist also die Überlassung zu diesem Zweck. Die gilt es zu ermitteln und festzustellen. Der Besprechungsfall zeigt beispielhaft die Anwendung dieser neuen Rechtsgrundsätze zur privaten Dienstwagenüberlassung (BFH, Urteil vom 18.4.2013, VI R 31/10, BFH/NV 2013, 1298, BFH/PR 2013, 342); er zeigt anschaulich, aus welchen konkreten Tatumständen auf eine solche Überlassung zu schließen ist.
Ob und welches Kfz zur auch privaten Nutzung überlassen wurde, entscheidet sich spätestens in der finanzgerichtlichen Tatsacheninstanz unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen richterlichen Überzeugung. Hier gelangte das FG zu dem Ergebnis, dass die X GmbH K ein betriebliches Kfz auch zur privaten Nutzung überlassen hatte. Es berücksichtigte dabei insbesondere die Aussage des Lohnsteuerprüfers, wonach nicht der Ansatz des Vorteils für eine solche Überlassung selbst, sondern allein die Bewertungsmethode (Fahrtenbuch oder 1 %-Regelung) streitig gewesen sei. K hatte entsprechendes jedenfalls noch im Einspruchsverfahren eingeräumt. Vor dem FG hatte K vorgebracht, mit Mitgeschäftsführer N vereinbart zu haben, Privatfahrten für das überlassene Fahrzeug grundsätzlich im Fahrtenbuch zu erfassen und nur deshalb keine Privatfahrten unternommen zu haben, weil das steuerlich ungünstig gewesen sei. Daraus hatte das FG die Befugnis geschlossen, dass K einen Firmenwagen auch privat nutzen durfte. Auch die Aussage des Zeugen N, es habe eine mündliche Absprache gegeben, mit den Firmenfahrzeugen "in der Regel" nicht privat zu fahren, würdigte das FG dahin, dass es kein Privatnutzungsverbot gegeben habe, sondern im Gegenteil die Privatnutzung grundsätzlich gestattet gewesen sei. Diese Gesamtwürdigung hielt der BFH nicht nur für möglich, sondern für naheliegend.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.2. 2014 – VI R 39/13