OFD Frankfurt, Verfügung v. 18.7.1997, S 0171 A - 85 - St II 12
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder gilt für die gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung von Beschäftigungs- und Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften und ähnlichen Körperschaften folgendes:
1. Beschäftigungsgesellschaften
Unter Beschäftigungsgesellschaften sind Körperschaften zu verstehen, die – ggf. unter Nutzung arbeitsförderungsrechtlicher Instrumente und sonstiger Förderungsmöglichkeiten – die Hilfe für früher arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen insbesondere durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen und Umschulungen zum Ziel haben.
Beschäftigungsgesellschaften, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durchführen oder fördern, können i.d.R. nicht als gemeinnützig behandelt werden. Weil sie im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen Waren herstellen und vertreiben oder Leistungen an Dritte erbringen, üben sie wie andere Unternehmen eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Dies ist kein gemeinnütziger Zweck. Daß durch die wirtschaftliche Tätigkeit Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden, rechtfertigt nicht die Anerkennung der Gemeinnützigkeit. Die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen ist mit jeder wirtschaftlichen Tätigkeit verbunden.
Eine Beschäftigungsgesellschaft kann aber dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn das Schwergewicht ihrer Tätigkeit auf der beruflichen Qualifizierung, der Umschulung oder der sozialen Betreuung liegt. Werden dabei Waren hergestellt und vertrieben (z.B. im Rahmen einer Ausbildung angefertigte Sachen) oder Leistungen gegenüber Dritten erbracht, liegt insoweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb § 14 Sätze 1 und2 AO) vor. Ist dieser steuerpflichtig, darf er weder Satzungszweck noch nach der tatsächlichen Geschäftsführung Selbst- oder Hauptzweck der Gesellschaft sein. Ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb steuerpflichtig oder ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb ist, richtet sich nach den §§ 65 und 68 AO.
Ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb liegt insbesondere vor, wenn die Voraussetzungen des § 68 Nr. 3 AO erfüllt sind. Danach sind Werkstätten für Behinderte, die nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes förderungsfähig sind und Personen Arbeitsplätze bieten, die wegen ihrer Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, sowie Einrichtungen für Beschäftigungs- und Arbeitstherapie, die der Eingliederung von Behinderten dienen, als Zweckbetriebe zu behandeln.
Die Voraussetzungen des § 65 AO für die Zweckbetriebseigenschaft einer wirtschaftlichen Betätigung sind regelmäßig erfüllt, wenn sich der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in einer aus- und weiterbildenden Tätigkeit gegen Teilnehmergebühren erschöpft. Sie sind auch erfüllt, soweit als Ausfluß der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen Waren hergestellt und veräußert oder Dienstleistungen gegenüber Dritten gegen Entgelt erbracht werden. Dagegen wird ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb § 64 AO) begründet, wenn die Herstellung und Veräußerung von Waren oder die entgeltlichen Dienstleistungen den Umfang überschreiten, der zur Erfüllung der beruflichen Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen notwendig ist.
Der BFH hat mit Urteil vom 26.4.1995, I R 35/93 (BStBl II 1995 S. 767) entschieden, daß sog. arbeitstherapeutische Beschäftigungsgesellschaften einem gemeinnützigen Zweck dienen. Die Ausführung von Lohnaufträgen durch die Beschäftigungsgesellschaft ist nach dem Urteil als Zweckbetrieb anzusehen, wenn die Leistungen an die Auftraggeber ausschließlich Ergebnis der Arbeitstherapie und somit notwendige Folge der Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks sind.
2. Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften
Arbeitnehmerüberlassungsgesellschaften sind Körperschaften, die schwer vermittelbare Arbeitslose unter Zahlung von Arbeitslohn einstellen, sozial betreuen, beruflich schulen und im Weg der Arbeitnehmerüberlassung an gewerbliche Unternehmer verleihen. Die Gemeinnützigkeit der Träger von Modellen zur Beschäftigung von Arbeitslosen (Arbeitnehmerüberlassung) ist nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie die Gemeinnützigkeit von Beschäftigungsgesellschaften. Danach kann die Arbeitnehmerüberlassung selbst nicht als gemeinnütziger Zweck angesehen werden. Eine Körperschaft, die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, kann aber als gemeinnützig behandelt werden, wenn das Schwergewicht ihrer Tätigkeit im ideellen Bereich (insbesondere Qualifizierung und therapeutische Betreuung der Beschäftigten) liegt. Wenn die Körperschaft diese Voraussetzung erfüllt, ist der Bereich der Arbeitnehmerüberlassung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln.
Im Einzelfall ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 66 AO vorliegen. Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege setzt nach § 66 AO voraus, daß 2/3 der Leistungen der Körperschaft nachweisbar und auf Dauer Personen zugute kommen, die hilfsbe...