Zusammenfassung
Der seit Einführung der umsatzsteuerlichen Übergangsregelung für den EU-Binnenmarkt notwendige Begriff grenzt deren Anwendungsbereich zum Drittlandsgebiet ab. Im Gemeinschaftsgebiet gibt es keine Grenzkontrollen mehr, wodurch die administrativen Pflichten und steuerlichen Risiken weitgehend auf die Ex- und Importeure verlagert sind. Warenbezüge aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet unterliegen im Inland der Erwerbsbesteuerung. Lieferungen vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet sind dann steuerfrei, wenn der Liefergegenstand körperlich in das Bestimmungsland gelangt und der Abnehmer der dortigen Erwerbsbesteuerung unterliegt. Zu beachten ist der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU. Nach einem Übergangszeitraum zählt nunmehr dessen Hoheitsgebiet seit dem 1.1.2021 nicht mehr zum Gemeinschaftsgebiet. Eine Besonderheit gilt aber für die Besteuerung des Warenverkehr mit Nordirland.
1 Begriffsbestimmung
Das Gemeinschaftsgebiet umfasst das umsatzsteuerrechtliche Inland der Bundesrepublik Deutschland sowie die Gebiete der übrigen 26 Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU). Der Begriff wurde mit dem Inkrafttreten des gemeinsamen Binnenmarktes der EU und der umsatzsteuerlichen Übergangsregelung der 6. EG-Richtlinie (seit dem 1.1.2007 MwStSystRL) mit Wirkung vom 1.1.1993 in das UStG eingeführt. Wegen des Fortbestehens der nationalen Steuersysteme der EU-Mitgliedstaaten einschließlich ihrer Finanzhoheiten ist für die Umsatzsteuer nach wie vor eine Unterscheidung des Inlandsbegriffs und des übrigen Gemeinschaftsgebietes unerlässlich. Lieferungen in das übrige Gemeinschaftsgebiet sind nur unter bestimmten Voraussetzungen (Abnehmer ist Steuerpflichtiger in einem anderen EU-Mitgliedstaat) als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei gestellt. Warenbezüge von umsatzsteuerpflichtigen Abnehmern, bei denen der Liefergegenstand vom übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland gelangt, müssen als innergemeinschaftlicher Erwerb der Umsatzbesteuerung unterworfen werden. Auch die innergemeinschaftlichen Dienstleistungen i. S. d. § 3 a Abs. 2 UStG unterliegen einem besonderen Kontrollverfahren und sind daher in den Zusammenfassenden Meldungen zu erfassen.
Zum Gemeinschaftsgebiet gehören die folgenden EU-Mitgliedstaaten: Belgien, Bulgarien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, die Tschechische Republik, Ungarn und die Republik Zypern.
Dabei sind verschiedene territoriale Besonderheiten zur umsatzsteuer- und zollrechtlichen Behandlung entsprechend der Tabelle in Abschn. 2 zu beachten.
2 Sondergebiete
Ebenso wie das Territorium der Bundesrepublik Deutschland Sondergebiete umfasst, die umsatzsteuerrechtlich nicht zum Inland gehören, bestehen auch für viele der übrigen Mitgliedstaaten gem. Art. 355 AEUV und Art. 6 MwStSystRL Ausschlussgebiete, die nicht der Anwendung der Binnenmarktregelung unterliegen. So ist z. B. vorerst die Binnenmarktregelung für den nicht unter Kontrolle der Regierung der Republik Zypern stehenden nördlichen Teil der Insel Zypern ausgesetzt. Besondere Schwierigkeiten für die Unternehmen ergeben sich auch daraus, dass die umsatzsteuerrechtlichen Bestimmungen häufig von der zollrechtlichen Behandlung abweichen.
Territoriale Besonderheiten im Anwendungsbereich der Binnenmarktregelung |
Land |
Territorium |
umsatzsteuerrechtliche Behandlung |
zollrechtliche Behandlung |
Andorra |
Andorra |
Drittlandsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Dänemark |
Grönland Färöer |
Drittlandsgebiet |
Drittlandsgebiet |
Deutschland |
Insel Helgoland Gebiet von Büsingen |
Drittlandsgebiet |
Drittlandsgebiet |
Finnland |
Ålandinseln |
Drittlandsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Frankreich |
überseeische französische Departements Guadeloupe, Martinique, Guayana, La Reunion |
Drittlandsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Fürstentum Liechtenstein |
Fürstentum Liechtenstein |
Drittlandsgebiet |
Drittlandsgebiet |
Fürstentum Monaco |
Fürstentum Monaco |
Gemeinschaftsgebiet (wie Umsätze mit Herkunft Frankreich zu behandeln) |
Gemeinschaftsgebiet |
Griechenland |
Berg Athos |
Drittlandsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Italien |
Livigno, Campione d'Italia, der zum italienischen Hoheitsgebiet gehörende Teil des Luganer Sees |
Drittlandsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Niederlande |
überseeische Gebiete Aruba und Niederländische Antillen |
Drittlandsgebiet |
Drittlandsgebiet |
Österreich |
Kleines Walsertal |
Gemeinschaftsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
San Marino |
San Marino |
Drittlandsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Spanien |
Balearen |
Gemeinschaftsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Spanien |
Kanarische Inseln |
Drittlandsgebiet |
Gemeinschaftsgebiet |
Spanien |
Ceuta, Melilla |
Drittlandsgebiet |
Drittlandsgebiet |
Vatikan |
Vatikan |
Drittlandsgebiet |
Drittlandsgebiet |
Vereinigtes Königreich und Nordirland |
Warenverkehr... |