Leitsatz
Wohnungsbauten i.S. des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sind Gebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen. Gemischt genutzte Gebäude werden nicht erfasst.
Normenkette
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG
Sachverhalt
Die klagende KG verwaltete neben fast 6.000 eigenen und über 1.000 fremden Wohnungen auch vier gewerbliche Einheiten in drei der fremdverwalteten Gebäudekomplexe. Wegen dieser gewerblichen Einheiten versagte das FA die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
Das FG bestätigte die Auffassung des FA (Niedersächsisches FG, Urteil vom 19.9.2018, 10 K 174/16, Haufe-Index 12466856, EFG 2019, 63).
Entscheidung
Die Revision der KG hatte keinen Erfolg. Zwar sei die Betreuung fremder Wohnungsbauten unschädlich für die erweiterte Kürzung. Wohnungsbauten seien aber nur Gebäude, die ausschließlich aus Wohneinheiten bestünden. Dies lege der Wortlaut nahe und ergebe sich auch bei systematischer und historischer Gesetzesauslegung. Eine analoge Anwendung auf gemischt genutzte Gebäude komme mangels Gesetzeslücke nicht in Betracht. Der Gleichheitssatz werde bei einer solchen Gesetzesauslegung nicht verletzt.
Hinweis
1. Mit dem Urteil wird die bisher kontrovers diskutierte Frage, ob Wohnungsbauten i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch gemischt genutzte Gebäude sein können, höchstrichterlich entschieden. Nach Auffassung des BFH ist die Betreuung gemischt genutzter Gebäude immer kürzungsschädlich, selbst wenn der nicht aus Wohnungen bestehende Teil eines Gebäudes im Verhältnis zu dem Wohnteil geringfügig ist.
2. Die sog. erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG setzt voraus, dass eigener Grundbesitz verwaltet wird. Die Verwaltung fremden Grundbesitzes ist selbst nicht begünstigt, als Nebentätigkeit zur Verwaltung eigenen Grundbesitzes nach der Rechtsprechung aber unschädlich, wenn es sich bei dem fremden Grundbesitz um Wohnungsbauten handelt.
Den Begriff der Wohnungsbauten legt der BFH jetzt eng aus und hält jede Einheit, die nicht zur Nutzung von Wohnzwecken bestimmt ist, für schädlich. Die Zweckbestimmung hängt dabei nach Meinung des BFH in erster Linie von den für das Gebäude geltenden gesetzlichen Bestimmungen und erteilten Genehmigungen ab. Ob eine zu Wohnzwecken bestimmte Einheit vom Nutzer tatsächlich ganz oder teilweise für andere Zwecke genutzt wird, dürfte jedenfalls dann ohne Bedeutung sein, wenn dies gegen den Willen des Eigentümers geschieht. Dem Eigentümer werden dabei Ermittlungen zur Einhaltung der getroffenen Nutzungsvereinbarung grundsätzlich nicht zugemutet werden können. Offensichtliche Verstöße sollte er aber beanstanden, um nicht Gefahr zu laufen, die Fehlnutzung zugerechnet zu bekommen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.4.2021 – IV R 32/18