Leitsatz
1. Eine generationenübergreifende Totalgewinnprognose unter Einbeziehung des unentgeltlichen Rechtsnachfolgers kommt bei einem Landwirtschaftsbetrieb in Betracht, wenn der aktuell zu beurteilende Steuerpflichtige infolge umfangreicher Investitionen die wirtschaftliche Grundlage des späteren Erfolgs in Form von positiven Einkünften bei seinem unentgeltlichen Rechtsnachfolger gelegt hat.
2. Dies gilt zugleich betriebsübergreifend auch dann, wenn der Landwirtschaftsbetrieb zunächst unter Nießbrauchsvorbehalt an die nächste Generation übertragen wird. Die Totalgewinnprognose ist dann ungeachtet der Entstehung zweier landwirtschaftlicher Betriebe für einen fiktiven konsolidierten Landwirtschaftsbetrieb zu erstellen (Anschluss an BFH-Urteil vom 7. April 2016, IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765).
Normenkette
§ 13 Abs. 1, § 15 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger übernahmen im Jahr 1986 einen landwirtschaftlichen Betrieb (Ackerbau und Viehzucht), den sie zunächst fortführten. Seit 1997 betrieben sie auf dem Gelände eine landwirtschaftliche Pferdepension. Hierzu errichteten sie in den Jahren 1996 bis 2000 eine Reithalle und weitere Zweckgebäude. Im Januar 2005 wurde eine weitere Reithalle fertiggestellt.
Im April 2000 übertrugen der Kläger und seine Ehefrau im Wege der vorweggenommenen Erbfolge u.a. die land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke sowie den Betrieb auf ihren Sohn B und behielten sich für fünf Jahre ein Nießbrauchsrecht vor.
Nach einer Außenprüfung für die Streitjahre (2002 bis 2004) vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die nachhaltig erzielten Verluste ab dem Jahre 2002 nicht länger anzuerkennen seien. Daraufhin erließ das FA Feststellungsbescheide, mit denen es die Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft für die Streitjahre mangels Gewinnerzielungsabsicht ablehnte. Der Prognosezeitraum sei auf fünf Jahre (Laufzeit des Nießbrauchs) zu begrenzen. In dieser Zeit sei es objektiv nicht zu einer Erzielung von Gewinnen aus der Pferdepensionshaltung gekommen. Dass diese Verluste – unbeschadet einer generationenübergreifenden Betrachtungsweise – ausgeglichen werden könnten, sei nicht erkennbar.
Der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das FG statt (FG Münster, Urteil vom 16.12.2016, 4 K 2629/14 F, Haufe-Index 10395983, EFG 2017, 396).
Entscheidung
Auf die Revision des FA hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Das habe zwar zu Recht entschieden, dass der Vorbehalt des fünfjährigen Nießbrauchs einer generationenübergreifenden Totalgewinnprognose nicht entgegenstehe. Aufgrund der Feststellungen könne der Senat aber nicht beurteilen, ob die landwirtschaftliche Tierhaltung in Form der Pferdepension objektiv geeignet gewesen sei, Gewinn zu erzielen. Eine dahin gehende belastbare Schätzung habe das FG daher im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
Hinweis
1. Gewinne und Verluste, die einem Steuerpflichtigen aus einer Betätigung erwachsen, sind nur dann bei der Bemessung seiner Einkommensteuer zu berücksichtigen, wenn sie sich einer der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten zurechnen lassen. Deshalb setzt die Berücksichtigung der Verluste – hier – aus dem Pferdepensionsbetrieb voraus, dass sie aus der Unterhaltung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs i.S.v. § 13 Abs. 1 EStG entstanden sind. Ein solcher erfordert allerdings eine selbstständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird.
2. Gewinnerzielungsabsicht ist das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen. An ihr fehlt es, wenn der prognostizierte Totalgewinn negativ ist und der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt.
Totalgewinn
Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen. Kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Betrieb veräußert wird, so ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gemäß § 16 Abs. 3 EStG zugrunde zu legen.
3. Der zeitliche Maßstab für die Beurteilung des Totalgewinns ergibt sich im Regelfall aus der Gesamtdauer der Betätigung. Feste zeitliche Vorgaben gibt es dabei nicht. Der Zeitraum, innerhalb dessen ein positives Ergebnis erzielbar sein muss, ist stets einzelfallbezogen zu beurteilen.
4. Für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Totalgewinnperiode objektbezogen ist und deshalb mehr als eine Generation umfassen muss.
Ausnahme vom Grundsatz der Individualbesteuerung
Diese Rechtsprechung ist jedoch nicht dahin gehend zu verstehen, dass die generationenübergreifende und damit objektive Sicht der Totalgewinnperiode faktisch zu einem zeitl...