Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Für die Besteuerung grundlegend ist die Unterscheidung zwischen beteiligungsähnlichen und nicht beteiligungsähnlichen Genussrechten, wobei es nach deutschem Recht keine Rolle spielt, ob die Genussrechte verbrieft sind oder nicht. Beteiligungsähnlich sind Genussrechte, wenn der Genussrechtsinhaber am Gewinn und am Liquidationsvermögen beteiligt ist; beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Eine Gewinnbeteiligung liegt vor, wenn die Vergütung unmittelbar oder mittelbar von dem Ausweis eines Gewinns bzw. der Höhe des Gewinns abhängt. Das ist schon dann der Fall, wenn eine Festvergütung in Verlustjahren nicht zu zahlen ist.
Die Beteiligung am Liquidationsvermögen setzt eine Beteiligung an dem Liquidations-Endvermögen nach § 11 KStG und damit eine Beteiligung an den stillen Reserven voraus.
Nicht entscheidend für die Einordnung als beteiligungsähnliches Genussrecht ist die Stellung des Genussrechtsinhabers als Mehrheits- oder Alleingesellschafter, die lange Laufzeit des Genussrechts und ein Wandlungsrecht des Genussrechtsinhabers zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen, auch wenn die Ausübung dieses Rechts wahrscheinlich ist. Ebenfalls nicht maßgebend ist es, wenn der Genussrechtsinhaber mit seinem Recht im Rang hinter andere Fremdkapitalgeber zurücktritt.
Einkünfte aus beteiligungsähnlichen und nicht beteiligungsähnlichen Genussrechten sind nach § 34d Nr. 6 EStG ausl. Einkünfte, wenn der Schuldner Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung in einem ausl. Staat hat. Unter der gleichen Voraussetzung handelt es sich in beiden Fällen um der beschränkten Stpfl. unterliegende inl. Einkünfte, und zwar bei Auskehrungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG, bei nicht beteiligungsähnlichen Genussrechten nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. c Doppelbuchst. bb EStG. Anders als Zinsen, die regelmäßig aus der beschränkten Stpfl. ausgeschlossen sind, unterliegen Auskehrungen auf Genussrechte daher der beschränkten Stpfl. und der KapESt von 25 %, und zwar Vergütungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und solche auf nicht beteiligungsähnliche Genussrechte nach § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG.
Nach Art. 10 Abs. 3 OECD-MA fallen Auskehrungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte unter die Regelung für Dividenden, wobei allerdings danach unterschieden wird, ob die Genussrechte verbrieft sind (Genussscheine) oder nicht. Einkünfte aus verbrieften Genussscheinen sind in Art. 10 Abs. 3 OECD-MA ausdrücklich als Dividenden genannt. Einkünfte aus nicht verbrieften Genussrechten werden nur dann als Dividende behandelt, wenn der Staat der ausschüttenden Gesellschaft diese den Einkünften aus Aktien gleichstellt. Ist Deutschland der Staat der ausschüttenden Gesellschaft, ist dies für beteiligungsähnliche Genussrechte der Fall. Auskehrungen auf nicht beteiligungsähnliche nicht verbriefte Genussrechte fallen unter den Zinsartikel entsprechend Art. 11 OECD-MA, obwohl die Auskehrung gewinnabhängig ist. Das Besteuerungsrecht für Auskehrungen auf nicht beteiligungsähnliche Genussrechte bestimmt sich daher entsprechend Art. 11 OECD-MA.
Auskehrungen auf beteiligungsähnliche Genussrechte, die wie Dividenden behandelt werden, unterliegen der reduzierten Quellensteuer entsprechend Art. 10 Abs. 2 Buchst. b OECD-MA. Sie unterliegen aber nicht dem internationalen Schachtelprivileg entsprechend Art. 10 Abs. 2 Buchst. a OECD-MA, da sie keine Beteiligung am Kapital (Nennkapital) der ausschüttenden Körperschaft repräsentieren. Das gilt auch, wenn der Genussrechtsinhaber daneben eine Beteiligung hält, die für das internationale Schachtelprivileg ausreicht.
Im Ansässigkeitsstaat des Genussrechtsinhabers ist m. E. ebenfalls kein Schachtelprivileg zu gewähren. Bei den Auskehrungen handelt sich zwar auch um Dividende i. S. d. Art. 23 OECD-MA, da dieser Begriff in Art. 10 und Art. 23 OECD-MA gleich auszulegen ist. Es liegt aber wiederum keine Beteiligung am Kapital vor. Ist Deutschland der Ansässigkeitsstaat, ist dies praktisch jedoch von geringer Bedeutung, da ohnehin eine Freistellung nach § 8b Abs. 1 KStG erfolgt, wenn nicht § 8b Abs. 4 KStG eingreift.