3.1 Bei Geschäftsunfähigkeit
Wer geschäftsunfähig ist, benötigt immer einen gesetzlichen Vertreter, der für ihn die rechtlich relevanten Erklärungen abgibt. Das sind beim geschäftsunfähigen Kind die Eltern (§§ 1626 ff.), der Vormund (§§ 1788 ff.) und beim volljährigen Geschäftsunfähigen der Betreuer (§§ 1814 ff.). Der Geschäftsunfähige hat selbst nicht die rechtliche Macht z.B. Verträge zu schließen oder zu kündigen. Tut er dies dennoch, hat seine Erklärung keinerlei rechtliche Wirkung: sie ist nichtig. Verträge, die auf solchen Erklärungen beruhen, sind ebenfalls nichtig.
Auch müssen Willenserklärungen anderer, wie z. B. Kündigungen, dem gesetzlichen Vertreter des Geschäftsunfähigen zugehen, damit diese wirksam werden (§ 131 BGB).
Die Geschäftsunfähigkeit kann auch Auswirkungen auf die Verjährung von Forderungen haben. Hat ein Geschäftsunfähiger keinen gesetzlichen Vertreter, verjähren auch keine Forderungen, egal ob sie zu seinen Gunsten oder gegen ihn bestehen (§ 210 BGB). Erst mit dem Wiedereintritt der Geschäftsfähigkeit oder mit der Bestellung eines gesetzlichen Vertreters, insbesondere eines Betreuers, hat die Verjährung wieder Folgen.
Ausnahmen von diesen Regeln:
- Nicht erfasst von der Nichtigkeit sind die sog. Alltagsgeschäfte, die von erwachsenen Geschäftsunfähigen getätigt werden (§ 105a BGB, siehe hierzu auch 2.3.3). Sie sind wirksam, sobald Leistung und Gegenleistung bewirkt sind. Davon erfasst sind Rechtsgeschäfte des täglichen Bedarfs mit geringwertigen Mitteln, also z. B. der Einkauf von Lebensmitteln in angemessener Menge.
- Auch Heimverträge bilden hier eine Ausnahme: Werden sie von Geschäftsunfähigen abgeschlossen, sind sie wirksam, sobald die Leistungen erbracht wurden.
- Zwar sind Arbeitsverträge, die von einem Arbeitgeber mit einem geschäftsunfähigen Arbeitnehmer geschlossen werden, nichtig. Es gelten hier jedoch die Grundsätze des sog. faktischen Arbeitsverhältnisses: Das an sich unwirksame Rechtsgeschäft wird zum Schutze des Arbeitnehmers wie ein wirksam zustande gekommener Arbeitsvertrag behandelt. Dem Arbeitnehmer steht für die Zeit, in der er tatsächlich tätig war, das im nichtigen Vertrag vereinbarte Arbeitsentgelt zu. Die vereinbarten Pflichten treffen ihn hingegen nicht.
3.2 Bei vorübergehender Störung
Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird, obwohl hierdurch die Geschäftsfähigkeit als solche nicht berührt wird (§ 105 Abs. 2 BGB), z. B. Abschluss eines Rechtsgeschäfts im Vollrausch. Diesem Personenkreis können aber Willenserklärungen anderer wirksam zugehen.
3.3 Geschäfte des täglichen Lebens volljähriger Geschäftsunfähiger
Mit dem zum 1.8.2002 neu eingeführten § 105a BGB hat der Gesetzgeber die Stellung geistig Behinderter verbessert. Danach dürfen volljährige Geschäftsunfähige Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens, die mit geringen Mitteln bewirkt werden können, selbst schließen. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber die Eigenverantwortlichkeit geistig Behinderter stärken und ihre soziale Emanzipation fördern. Dazu gehören lediglich Geschäfte des täglichen Bedarfs (Lebensmittel, Friseur, Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln u. a.). Verträge, die in einer Haustürsituation bzw. außerhalb von Geschäftsräumen (§ 312b BGB) oder im Fernabsatz (§ 312c BGB) geschlossen werden, fallen nicht hierunter, auch nicht Ratenzahlungskäufe. Allenfalls einfache Bestellungen im Versandhandel können von § 105a BGB erfasst sein.