OFD Münster, Verfügung v. 22.3.2010, o. Az.
Die Frage der steuerlichen Behandlung der Vergütungen von in Deutschland ansässigen Geschäftsführern polnischer Gesellschaften wird von den beiden Staaten unterschiedlich beurteilt.
Von deutscher Seite wird das Besteuerungsrecht für Vergütungen an Geschäftsführer polnischer Gesellschaften dem Sitzstaat der Gesellschaft nach Art. 16 Abs. 2 DBA Polen 2003 zugeordnet, weil in der deutschen Sprachfassung in dieser Norm die Vergütungen geregelt sind, die das verantwortliche Personal für die Geschäftsführung einer Gesellschaft bezieht. Folge dieser Zuweisungsnorm ist die Anwendung der sog. Freistellungsmethode (Art. 24 Abs. 1 Buchst. a DBA-Polen); die Einkünfte werden lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt.
Polen weist das Besteuerungsrecht für diese Vergütungen unter Anwendung des Art. 16 Abs. 1 DBA Polen ebenfalls dem Sitz-Staat der Gesellschaft zu, da die polnische Sprachfassung dieser Norm neben den Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen auch Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften umfasst. Bei Anwendung dieser Zuweisungsnorm vermeidet Deutschland als Ansässigkeitsstaat die Doppelbesteuerung allerdings durch die sog. Anrechnungsmethode (Art. 24 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. bb DBA-Polen).
Diese unterschiedlichen Auslegungen des DBA wurden mit der polnischen Finanzverwaltung erörtert. Beide Seiten bleiben danach bei ihrer bisherigen Auslegung des Art. 16 DBA-Polen.
Da in Polen nicht ansässige Geschäftsführer polnischer Gesellschaften zu einer 20 %igen Abgeltungsteuer auf die Bruttoeinnahmen herangezogen werden, führt die Anwendung der Freistellungsmethode auf deutscher Seite nicht zu einer doppelten Nichtbesteuerung.
Durch diese Abgeltungsteuer nimmt Polen sein Besteuerungsrecht wahr. Die polnische Steuer ist nicht als zu niedrig im Sinne der „switch-over”-Klausel des Art. 24 Abs. 3 DBA-Polen anzusehen, da davon ausgegangen werden kann, dass der betroffene Personenkreis regelmäßig hohe Werbungskosten (z.B. durch doppelte Haushaltsführung) und damit niedrige Einkünfte haben dürfte. Diese hohen Werbungskosten können jedoch in Polen wegen der Abgeltungswirkung des polnischen Steuerabzugs nicht geltend gemacht werden.
Sofern der Nachweis nach § 50d Abs. 8 EStG erbracht wird, sind die Geschäftsführervergütungen steuerfrei zu stellen und nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Die geltend gemachten Werbungskosten mindern die Progressionseinkünfte.
Hinweis:
Die teilweise vertretene Kommentarmeinung, dass die Geschäftsführergehälter aus deutscher Sicht unter Art. 15 DBA-Polen fallen, widerspricht der Verwaltungsauffassung.
Normenkette
DBA-Polen Art. 16
DBA-Polen Art. 24