Leitsatz

1. Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt zu einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in bestehende Mietverträge vom Veräußerer ein Vermietungsunternehmen übernimmt.

2. Das ist auch dann der Fall, wenn der Veräußerer ein Bauträger ist, der ein Gebäude erworben, saniert, weitgehend vermietet und sodann veräußert hat, falls im Zeitpunkt der Veräußerung infolge einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit beim Veräußerer ein Vermietungsunternehmen vorliegt, das vom Erwerber fortgeführt wird.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1a UStG, Art. 5 Abs. 8 6. EG-RL, Art. 19 EG-RL 112/2006

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, erwarb im Januar 2006 einen Bürogebäudekomplex. Veräußerin war eine sog. Objektgesellschaft; ihr Zweck war der Erwerb, die Sanierung, die langfristige Vermietung und der Verkauf des Objekts – ihr einziger in ihrer Bilanz als Vorratsvermögen ausgewiesener Vermögensgegenstand.

Die Veräußerin hatte das von ihr 2001 erworbene Objekt in den Jahren 2001 und 2002 erweitert und saniert. Die Baumaßnahmen waren mit Ausnahme der Innenausbauten im Februar 2002 fertiggestellt. Die Vermietung erfolgte ab Februar 2003. Ende 2003 waren 52 % der Gesamtnutzfläche vermietet. Im Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme mit der Klägerin im Oktober 2005 hatte die Veräußerin bereits 80 % der Gesamtflächen vermietet; beim Verkauf des Objekts im Januar 2006 waren es 90 %. Die bestehenden Mietverhältnisse wurden von der Klägerin fortgeführt.

Die Klägerin behandelte den Grundstücksumsatz nach § 1 Abs. 1a UStG als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen. Dies lehnte das FA ab.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG hielt die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1a UStG für erfüllt. Es sei ein Vermietungsunternehmen von der Veräußerin auf die Klägerin übergegangen, die dieses, wie von ihr beabsichtigt, fortgeführt habe (FG des Saarlandes, Urteil vom 5.3.2014, 1 K 1265/11, Haufe-Index 6786273, EFG 2014, 1240).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil.

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führe dann zur Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S.v. § 1 Abs. 1a UStG, wenn durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Mietvertrag ein Vermietungsunternehmen übernommen wird.

Es liege aber keine Geschäftsveräußerung im Ganzen in diesem Sinne vor, wenn – was Bauträger betrifft – die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter/Pächter für die einzelnen Einheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund bereits erfolgter Vermietung ertragssteigernd veräußern zu können.

Die vom FG unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Streitfalls im Einzelnen begründete Würdigung, die Veräußerin habe im Veräußerungszeitpunkt ein Vermietungsunternehmen betrieben, sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

 

Hinweis

Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG nicht der Umsatzsteuer. Dies setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 12.8.2015 – XI R 16/14

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