Leitsatz
1. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Einordnung eines Unternehmens als Betrieb der Fleischwirtschaft und diesbezüglichen eventuellen Prüfungsmaßnahmen der Zollverwaltung ist der Finanzrechtsweg gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i.V.m. § 23 SchwarzArbG, § 6b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GSA Fleisch eröffnet.
2. Einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel festzustellen, dass es sich bei der Antragstellerin nicht um einen Betrieb der Fleischwirtschaft i.S. des § 6 Abs. 9 AEntG handelt, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.
Normenkette
§ 17a GVG, § 33 Abs. 1 Nr. 4, § 41, § 114 FGO, § 23 SchwarzArbG, § 6a, § 6b GSA Fleisch, § 6 Abs. 9 AEntG
Sachverhalt
Die Antragstellerin unterhält einen Betrieb zur Herstellung von Wurstprodukten aller Art. Sie erhob Klage beim FG (4 K 17/21), mit der sie u.a. die Feststellung begehrt, nicht unter das Verbot der Beschäftigung von Leiharbeitern nach dem GSA Fleisch zu fallen, weil sie kein Betrieb der Fleischwirtschaft gemäß § 2 Abs. 1 GSA Fleisch i.V.m. § 6 Abs. 9 AEntG sei.
Außerdem beantragte sie im einstweiligen Rechtsschutz, bis zur Entscheidung in der Hauptsache festzustellen, dass sie kein Betrieb der Fleischwirtschaft i.S.v. § 6 Abs. 9 AEntG sei und somit nicht dem Geltungsbereich des § 6a GSA Fleisch und der Kontrollbefugnis des HZA gemäß § 6b GSA Fleisch unterliege.
Das FG gab dem Antrag teilweise statt und stellte im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig fest, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt des Ergehens der gerichtlichen Entscheidung des FG kein Betrieb der Fleischwirtschaft i.S.v. § 6 Abs. 9 AEntG sei (FG Hamburg, Beschluss vom 20.5.2021, 4 V 33/21, Haufe-Index 14534202). Im Übrigen lehnte es den Antrag ab.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des HZA.
Entscheidung
Auf die Beschwerde des HZA hat der BFH den Beschluss des FG aufgehoben.
Hinweis
1. Erstmals befasste sich der BFH mit der Neuregelung durch das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch, BGBl I 2017, 2541). Damit hatte der Gesetzgeber insbesondere auf die Corona-Infektionen ausländischer Arbeitskräfte im Frühjahr 2020 in mehreren Fleischfabriken und auf Missstände in den Sammelunterkünften reagieren wollen (BR-Drucks. 426/20, 2).
Mittlerweile liegen einige Entscheidungen der FG vor (vgl. FG Hamburg, Beschluss vom 20.12.2021, 4 V 77/21, Haufe-Index 14989847; FG Münster, Beschluss vom 19.1.2022, 8 V 3108/21 F, Haufe-Index 15074891; FG Nürnberg, Urteil vom 20.7.2021, 1 K 382/21, Haufe-Index 14692134, Rev. eingelegt, Az. VII R 24/21). In diesen Entscheidungen begehren die Rechtssuchenden regelmäßig (im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes) die vorbeugende Feststellung, ob sie einen fleischverarbeitenden Betrieb i.S.d. § 6 Abs. 9 ArbEG unterhalten. Denn für solche Betriebe der Fleischwirtschaft gilt nach § 2 Abs. 1 die GSA Fleisch. Von besonderem Interesse sind für die Unternehmen das Fremdpersonalverbot nach § 6a GSA Fleisch und die Kontrollbefugnis der HZA gemäß § 6b GSA Fleisch.
2. Der BFH hat im Streitfall klargestellt, dass für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Einordnung eines Unternehmens als Betrieb der Fleischwirtschaft und diesbezüglichen eventuellen Prüfungsmaßnahmen der Zollverwaltung der Finanzrechtsweg gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i.V.m. § 23 SchwarzArbG, § 6b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GSA Fleisch eröffnet ist.
In der Regel prüft das Gericht im Rechtsmittelverfahren nicht mehr, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist (§ 17a Abs. 5 GVG). Eine Ausnahme gilt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, wenn die Vorinstanz – wie im Streitfall – trotz entsprechender Rüge keinen Beschluss nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG gefasst, sondern die Zulässigkeit des Finanzrechtswegs erstmals in der angefochtenen Entscheidung bejaht hat, da den Beteiligten sonst jeder Rechtsbehelf, mit dem sie eine Nachprüfung der Entscheidung über die Zulässigkeitsfrage erreichen könnten, versagt bliebe.
Die Eröffnung des Finanzrechtswegs leitet der BFH aus dem engen Sachzusammenhang zwischen dem Begehren der Antragstellerin und der Prüfungskompetenz des HZA nach § 6b Abs. 1 Satz 1 GSA Fleisch her. Denn es geht der Antragstellerin nicht lediglich um die Feststellung, dass sie kein Betrieb der Fleischwirtschaft i.S.v. § 6 Abs. 9 AEntG ist, sondern auch darum, dass sie nicht dem Geltungsbereich des § 6a GSA Fleisch und somit nicht der Kontrollbefugnis des HZA gemäß § 6b GSA Fleisch unterliege. Die Antragstellerin will künftige Prüfungsmaßnahmen des HZA verhindern, für die der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich die Finanzgerichtsbarkeit als die zuständige Fachgerichtsbarkeit bestimmt hat.
3. Das FG hatte die vorläufige Feststellung, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt des Ergehens der gerichtlichen Entscheidung kein Betrieb der Fleischwirtschaft i.S.v. § 6 Abs. 9 AEntG sei, zu Unrecht getroffen.
Der BFH äußerte Zweifel, ob überhaupt ein Rechtsverhältnis vorliege, das in der Hauptsache Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 41 Abs. 1 FGO sein kann. Denn im ...