Der Grundgedanke zur nationalen Umsetzung der sog. "EU-Whistleblower-Richtlinie" durch das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG-E) dürfte grundlegend praktisch überzeugen. Dadurch könnten etwaige Hinweisgeber/-innen in Deutschland nunmehr zukünftig endlich Rechtssicherheit erlangen, wenn sie Missstände oder Straftaten in Unternehmen melden – und das

  • nicht nur bei Verstößen gegen EU-Recht,
  • sondern auch bei Straftatbeständen wie Korruption oder Steuerhinterziehung.

Die Implementierung eines Hinweisgebersystems dürfte aus Compliance-Gründen daher auch gerade für die Rechtsformen der GmbH und GmbH & Co. KG hohe Praxisrelevanz entfalten. Eine Einrichtung interner und externer Meldestellen dürfte eine anonyme Offenlegung von Informationen durch Hinweisgebern/-innen unter strenger Berücksichtigung des Vertraulichkeitsgebots – nebst Schutz vor Repressalien – zukünftig fördern und vereinfachen.

Aufgrund der aber leider bisher nicht fristgemäßen nationalen Umsetzung hat die Europäische Kommission bereits Klage gegen Deutschland und weitere EU-Mitgliedstaaten beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Dieses vor dem Hintergrund, dass Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern/-innen bereits zum 17.12.2021 zur systematischen Umsetzung verpflichtet waren. Die nationale Implementierungsfrist für Unternehmen mit Mitarbeitern/-innen mit letztlich mehr als 50, aber weniger als 250 Mitarbeitern/-innen endet nunmehr auch zeitnah zum 17.12.2023.

Das eingelegte Veto des Bundesrats[29] verursacht somit erheblichen Druck auf den nationalen Gesetzgeber zur kurzfristigen Gesamtumsetzung der europarechtlich notwendigen Neuregelungen. Letztlich zeigt auch ein Blick in die aktuelle Gesamtstatistik, dass der sog. Korruptionswahrnehmungsindex der Länder in der EU bereits im Jahr 2022 einen in Deutschland messbaren Korruptionsgrad zwar auf verhältnismäßig geringem Niveau abbildet, jedoch ist die zukünftige Implementierung eines Hinweisgebersystems auch in Deutschland praktisch alternativlos.

Fraglich bleibt aber, ob die Schutzwirkung anonymer Hinweise über ein Hinweisgebersystems auch letztlich die in den betroffenen Unternehmen Beschäftigten zum "Whistleblowing" anregen wird und hinreichende Tragkraft zum Eigenschutz der Hinweisgebenden entfalten wird.

[29] Stand zum Redaktionsschluss.

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