a) Zwischengeschaltete Kapitalgesellschaften
Zur Frage des Rechtsmissbrauchs bei zwischengeschalteten Kapitalgesellschaften hat der BFH entschieden, dass es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich freisteht, bestimmte Einkünfte nicht in eigener Person zu erzielen, sondern die in Frage stehende Einkunftsquelle auf eine dauerhaft zwischengeschaltete Kapitalgesellschaft, deren Anteilseigner er ist, zu übertragen.
Im Streitfall fehlte es darüber hinaus an einer für § 42 AO relevanten Steuerminderung. Die Steuerfreiheit für Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG kommt hierfür zwar grundsätzlich in Betracht. Innerhalb eines Kapitalgesellschaftskonzerns ist sie aber die gesetzlich vorgesehene Folge der Eigenkapitalfinanzierung. Dass mit Hilfe einer "hybriden" Finanzierungsstruktur, die von den amerikanischen Steuerbehörden als Fremdkapital anerkannt wird, zusätzlich der Zinsabzug auf Ebene der amerikanischen Konzerngesellschaften beibehalten wurde, führte zu keinem anderen Ergebnis. Die Erzielung von Steuervorteilen im Ausland ist keine für § 42 AO relevante Steuerminderung.
Auch der doppelte steuerliche Vorteil, der durch die Steuerfreistellung für Dividenden im Inland und dem gleichzeitigen Zinsabzug im Ausland eintritt, ist keine Frage des Missbrauchs, sondern der unterschiedlichen Qualifikation von Besteuerungstatbeständen durch souveräne Staaten. Aus der späteren Einführung des § 8b Abs. 1 S. 2 KStG n.F., der solche Strukturen und damit den Anfall sog. "weißer Einkünfte" verhindern soll, kann gleichfalls nicht auf die Erfüllung des allgemeinen Missbrauchstatbestands in vorhergehenden Veranlagungszeiträumen geschlossen werden.
Im Streitfall würde die Zwischenschaltung der GmbH auch dann zu keinem Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO führen, wenn sie nicht zur Beibehaltung der amerikanischen Steuervorteile erforderlich gewesen sein sollte, sondern lediglich dazu diente, die deutschen Steuervorteile gem. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG zu sichern. Auch hierfür ist entscheidend, dass es auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht um eine nur vorübergehende Zwischenschaltung der GmbH für einen "geschäftsvorfallbezogenen" Zeitraum ging, sondern um eine auf nicht absehbare Dauer angelegte Zwischenschaltung (BFH v. 14.8.2019 – I R 44/17, BFH/NV 2020, 807).
b) Cum-Cum-Geschäfte
Bei Cum-Cum-Geschäften liegt nach Auffassung des Hessischen FG ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO vor, wenn wechselseitige Wertpapierübertragungen zur Erlangung der Steuerfreiheit nach § 8b Abs. 1 KStG im wirtschaftlichen Ergebnis ohne betragsmäßige Ertragsänderung lediglich zu einer steuerlichen Umqualifizierung von Zinserträgen in Dividendenerträge führen. In diesem Fall, sind alle unmittelbar mit dem Abschluss der wechselseitigen Verträge zusammenhängenden Vereinbarungen, die sich gegenseitig bedingen, als nicht abgeschlossen und nicht durchgeführt zu betrachten. Ein handelsrechtlich entstandener buchmäßiger Verlust ist außerbilanziell zu korrigieren.
Es besteht eine Beweisvermutung für einen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zur Umgehung der Definitivbelastung des Steuerausländers mit KapSt, wenn die gleichen Aktien eines ausländischen Anteilseigners über den Dividendenstichtag an einen Steuerinländer, insb. unter Einschaltung eines ausländischen Vermittlers, kurzfristig hin und zurück geliefert werden (Hess. FG v. 28.1.2020 – 4 K 890/17, EFG 2020, 1160).
c) Gegenläufige Geschäfte
Eine als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO zu beurteilende unangemessene Gestaltung liegt vor, wenn sich gegenläufige Geschäfte, zwischen denen ein Veranlassungszusammenhang besteht, in ihren wirtschaftlichen und finanziellen Auswirkungen neutralisieren und sie sich in ihrem wirtschaftlichen Ergebnis lediglich als formale Maßnahme darstellen. Die bloße Schaffung eines Betriebsausgabenvolumens zur Gewinnverrechnung in Ermangelung eines tatsächlichen wirtschaftlichen Verlustes aus den Geschäften (sog. "Null-Summen-Spiel") stellt eine unangemessene Gestaltung i.S.d. § 42 AO dar, die gegen die gesetzlichen Wertungen des § 4 Abs. 4 EStG verstößt. Liegt ein konzernübergreifender Gesamtplan vor, sind die Geschäfte in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung konzernübergreifend zu betrachten und im Hinblick auf einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch zusammenfassend zu beurteilen.
Bei wechselseitigen Verträgen ist eine Gestaltung regelmäßig bereits dann unangemessen, wenn die gewählte Gestaltung von vornherein nur kurzfristig angelegt war oder in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung durch eine gegenläufige Gestaltung kompensiert wird und sich deshalb im Ergebnis lediglich als formale Maßnahme erweist. Das ist z.B. der Fall, wenn die Beteiligten durch zivilrechtlich mögliche Gestaltungen zwar wechselseitige Zahlungsverpflichtungen begründen, damit aber ihre jeweilige Position weder tatsächlich noch wirtschaftlich verändern. Eine Gestaltung, die überhaupt keinen erkennbaren wirtschaftlichen Zweck hat, ist per se unangemessen und kann der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden.
Im entschiedenen Streitfall fehlte es den Geschäften der Steuerpflichtig...