Wenn die Aufträge, Bestellungen usw. zur Errichtung eines Bauwerks von der Ehegattengemeinschaft als solcher vergeben werden, wird die Ehegattengemeinschaft Leistungsempfänger. Dies gilt auch, wenn die Aufträge, Bestellungen usw. zwar von einem Ehegatten, jedoch im Namen beider Ehegatten vergeben werden. Ist die Ehegattengemeinschaft aufgrund der Auftragsvergabe, Bestellung, Materialeinkäufe usw. als Leistungsempfänger anzusehen, kommt es nach der Verwaltungsauffassung für den Vorsteuerabzug darauf an, ob die – zivilrechtlich nicht rechtsfähige – Ehegattengemeinschaft aufgrund eigener Umsätze die Unternehmereigenschaft nach § 2 UStG erlangt oder mangels eigener Umsätze nicht als Unternehmerin i. S. d. § 2 UStG anzusehen ist.
2.2.1 Ehegattengemeinschaft ist Unternehmer i. S. d. § 2 UStG
Die Ehegattengemeinschaft wird nach der Verwaltungsauffassung zum Unternehmer i. S. d. § 2 UStG, wenn sie eigene Umsätze erzielt, z. B. als Ehegattengemeinschaft das fertig gestellte Bauwerk an den Unternehmer-Ehegatten für dessen unternehmerische Zwecke vermietet. Damit die Ehegattengemeinschaft im Falle der Erzielung von Mieteinnahmen den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes in Anspruch nehmen kann, muss die Vermietung umsatzsteuerpflichtig sein. Hierfür muss die Ehegattengemeinschaft auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12 UStG verzichten (Option zur Steuerpflicht nach § 9 UStG und ggf. außerdem Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 2 UStG). In diesem Fall muss die Ehegattengemeinschaft die dem Unternehmer-Ehegatten in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als eigener Unternehmer durch Abgabe von USt-Erklärungen bzw. USt-Voranmeldungen zwar an das Finanzamt abführen. Dafür erlangt sie jedoch den Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes. Der Unternehmer-Ehegatte kann die von der Ehegattengemeinschaft für die steuerpflichtigen Vermietungsumsätze in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, wenn er seinerseits steuerpflichtige Umsätze ausführt, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG nicht ausschließen.
Weil die Verwaltung auch zivilrechtlich nicht rechtsfähige Bruchteilsgemeinschaften (insbesondere auch Ehegattengemeinschaften) als eigenständige Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ansieht, wenn diese eigene Umsätze erzielen, dürfen die Finanzämter diese Handhabung nicht beanstanden. Der Vorsteuerabzug der Ehegattengemeinschaft ist jedoch gefährdet, wenn der Fall aus irgendwelchen Gründen beim BFH landet. Da der BFH trotz der Ergänzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG durch das JStG 2022 eine zivilrechtlich nicht rechtsfähige Bruchteilsgemeinschaft möglicherweise nicht als Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ansieht, könnte in diesem Fall der Ehegattengemeinschaft der Vorsteuerabzug versagt werden.
2.2.2 Ehegattengemeinschaft ist kein Unternehmer i. S. d. § 2 UStG
Wenn die Ehegattengemeinschaft bei Bauvorhaben zwar die Aufträge erteilt, Materialeinkäufe vornimmt oder Bestellungen tätigt, mit Hilfe des neu errichteten Bauwerks jedoch keine eigenen Umsätze ausführt (insbesondere wenn sie keine Mieteinnahmen erzielt), erlangt sie keine Unternehmereigenschaft. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Ehegattengemeinschaft dem Unternehmer-Ehegatten das Gebäude für dessen unternehmerische Zwecke unentgeltlich überlässt. Allein die unentgeltliche Nutzung eines in gemeinschaftlichem Eigentum stehenden Wirtschaftsgutes (hier: Gebäude) durch einen Gemeinschafter begründet weder eine eigene Rechtspersönlichkeit noch eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinschaft (hier: Ehegattengemeinschaft).
Ist bei einer Ehegattengemeinschaft nur ein Ehegatte unternehmerisch tätig, und verwendet dieser Unternehmer-Ehegatte einen Teil des Gegenstands (Gebäudes) ausschließlich für seine unternehmerischen Zwecke, steht ihm das Vorsteuerabzugsrecht aus den bezogenen Leistungen grundsätzlich zu. Dies gilt jedoch nur uneingeschränkt, wenn der seinem Unternehmen zugeordnete Anteil am Gegenstand seinen Miteigentumsanteil nicht übersteigt. Übersteigt dagegen der dem Unternehmen zugeordnete Anteil seinen Miteigentumsanteil, ist der Vorsteuerabzug insoweit (hinsichtlich des übersteigenden Anteils) nicht zulässig und geht damit verloren.