Dipl.-Finanzwirt (FH) Jürgen Feißt
Zusammenfassung
Die Gewerbesteuer wird nur noch auf die objektive Ertragskraft eines Gewerbebetriebs erhoben. Objekt der Besteuerung ist der Gewerbebetrieb. Der Gewerbebetrieb definiert sich einerseits über die Definition im Einkommensteuergesetz, andererseits aber auch über die Rechtsform.
1 Gewerbebetrieb als Steuergegenstand
1.1 Steuerpflicht aufgrund gewerblicher Tätigkeit
Nach der Definition des § 15 Abs. 2 EStG ist ein Gewerbebetrieb eine
- selbstständige, nachhaltige Betätigung
- mit Gewinnerzielungsabsicht und
- Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr,
- die weder als selbstständige Tätigkeit oder Land- und Forstwirtschaft anzusehen ist und
- für die der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschritten ist.
Während bei Einzelunternehmen für die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit alle Voraussetzungen erfüllt sein müssen, gelten bei Personengesellschaften Besonderheiten.
1.2 Steuerpflicht kraft Rechtsform
1.2.1 Kapitalgesellschaften
Unabhängig von der Art der Tätigkeit gilt die Betätigung von
- Europäischen Gesellschaften,
- Kapitalgesellschaften (AG, KGaA, GmbH),
- Genossenschaften einschließlich Europäischer Genossenschaften,
- Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit
als Gewerbebetrieb.
Die Gewerbesteuerpflicht kann aber teilweise oder ganz durch Befreiungsvorschriften des § 3 GewStG eingeschränkt sein.
1.2.2 Personengesellschaften
Eine Personengesellschaft erzielt in drei Fällen gewerbliche Einkünfte:
- zum einen kann sie genauso wie eine natürliche Person allgemein eine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Dies gilt insbesondere für die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG, aber auch für andere Personengesellschaften, wenn sie die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 15 Abs. 2 EStG erfüllen.
- zum anderen qualifizieren sich bei Ausübung mehrerer Tätigkeiten ihre gesamten Einkünfte als gewerblich, wenn sie zumindest teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt (sog. Abfärbetheorie). Hierzu ist auch schon die Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft ausreichend.
- zum Dritten: Auch wenn keine gewerbliche Tätigkeit durch die Personengesellschaft ausgeübt wird, ist die Tätigkeit vollumfänglich gewerblich, wenn ausschließlich eine oder auch mehrere Kapitalgesellschaften persönlich haftende Gesellschafter sind und diese oder nur Nicht-Gesellschafter zur Geschäftsführung befugt sind (gewerbliche Prägung).
Fallkonstellationen
Quelle: Prof. Dr. Paula Wellmann, DHBW Villingen-Schwenningen
1.2.3 Zur Körperschaftsteuer optierende Gesellschaften
Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften oder eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts können gem. § 1a KStG zur Körperschaftsbesteuerung optieren. Nach Ausübung der Option werden sie wie eine Kapitalgesellschaft besteuert. Dies gilt auch für die Gewerbesteuer.
1.2.4 Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Mit ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterliegen der Gewerbesteuer
- sonstige juristische Personen des privaten Rechts, soweit nicht in § 2 Abs. 2 GewStG genannt,
- nichtrechtsfähige Vereine.
Von der Gewerbesteuerpflicht ist dabei kraft gesetzlicher Definition die Land- und Forstwirtschaft ausgenommen.
2 Begriff des Gewerbebetriebs im Einzelnen
2.1 Selbstständigkeit
Bei der Selbstständigkeit ist zu unterscheiden zwischen der persönlichen Selbstständigkeit und der sachlichen Selbstständigkeit:
2.1.1 Persönliche Selbstständigkeit
Erforderlich ist eine Betätigung auf
- eigene Rechnung (sog. Unternehmerrisiko)
- eigene Verantwortung (sog. Unternehmerinitiative).
Abgrenzungsprobleme entstehen hier vor allem zur Einkunftsart nichtselbstständige Tätigkeit nach § 19 EStG. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist das Gesamtbild der Tätigkeit. Vertragliche Vereinbarungen, Art der Entlohnung oder die Art der Tätigkeit spielen dabei eine Rolle.
2.1.2 Sachliche Selbstständigkeit
Da die Gewerbesteuer eine Objektsteuer ist, muss im Gegensatz zur Einkommensteuer bei mehreren Betrieben auch darauf geachtet werden, inwieweit die einzelnen Betriebe selbstständig sind oder ob es sich lediglich um einzelne Betriebsstätten eines Gewerbebetriebs handelt.
Unterscheidungsgrundsätze
Hat ein Gewerbetreibender mehrere Betriebe verschiedener Art, ist von jeweils selbstständigen Betrieben auszugehen.
Mehrere Betriebe
Der Inhaber eines Schuhgeschäfts betreibt in einer Nachbargemeinde noch einen Handel mit Gebrauchtwagen. Jeder Betrieb verfügt über eigenes Personal. In diesem Fall ist von zwei Gewerbebetrieben auszugehen.
Ausnahmen können in Einzelfällen bei enger finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Verflechtung vorliegen. Maßgebend ist in erster Linie die Verkehrsanschauung. Es sind dabei die gleichen Grundsätze anzuwenden wie beim Bewertungsgesetz.
Hat ein Gewerbetreibender mehrere Betriebe der gleichen Art, spricht die Vermutung für einen Betrieb. Dies gilt vor...