Ein Rechtsprechungsüberblick
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Die Gewerbesteuer ist seit langem schon das wichtigste Finanzierungselement für die Kommunen und hat in Corona-Zeiten noch an Bedeutung zugenommen. Bei der Ermittlung des Gewerbesteuermessbetrages können entstandene Betriebsausgaben zwar mindernd berücksichtigt werden, jedoch unterliegen Finanzierungskosten der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG – eine Vorschrift, deren Anwendungsbereich ab Erhebungszeitraum 2008 erheblich über den bislang bestehenden Rahmen der Dauerschuldzinsen erweitert wurde. Der nachfolgende Rechtsprechungsüberblick macht dadurch entstandene Abgrenzungs- und Auslegungsfragen deutlich.
1. Problemstellung
Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) hat der Gesetzgeber die bis dato maßgebende Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen durch eine wesentlich erweiterte Hinzurechnung von Finanzierungsbestandteilen in § 8 Nr. 1 Buchstaben a-f GewStG ersetzt. Im Einzelnen betrifft dies:
Hinzurechnungen kommen nur für solche Beträge in Betracht, die bei der Ermittlung des Gewinns nach den Vorschriften des EStG und ggf. des KStG abgezogen werden können und deren Abzug bei der Ermittlung des Gewinns durch die Hinzurechnung wieder rückgängig gemacht werden soll. Beachten Sie: Dies bedeutet, dass die in § 8 GewStG bezeichneten Beträge nur insoweit hinzugerechnet werden können, als sie bei der Ermittlung des Gewinns tatsächlich abgesetzt worden sind.
Hinzugerechnet wird ein Viertel der Summe aus den sich aus § 8 Nr. 1 Buchst. a-f GewStG ergebenden Einzelbeträgen, soweit diese Summe den Betrag von 200.000 EUR (bis Erhebungszeitraum 2019: 100.000 EUR) übersteigt.
Zahlreiche Zweifelsfragen: Die grundlegende gesetzliche Neuregelung hat aufgrund zahlreicher Zweifelsfragen bereits zu einer umfangreichen Judikatur auf der Finanzgerichtsebene und zu einigen höchstrichterlichen Entscheidungen geführt, auf die nachfolgend im Einzelnen eingegangen wird.
2. Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung
Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelungen wurde im Schrifttum kontrovers diskutiert. Der BFH machte erstmals i.R.d. summarischen Prüfung eines Aussetzungsverfahrens deutlich, dass keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelungen bestehen. Eine Richtervorlage des FG Hamburg an das BVerfG zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der Hinzurechnung von Schuld –, Miet- und Pachtzinsen wies das BVerfG als unzulässig zurück. Nachfolgend bestätigte der BFH die Verfassungskonformität der Hinzurechnungsregelungen erneut.
3. Hinzurechnung von Entgelten für Schulden (§ 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG)
Hinzuzurechnen sind Entgelte für Schulden. Nur solche Entgelte unterliegen der Hinzurechnung, welche ein Unternehmen für das ihm zur Verfügung gestellte Fremdkapital zu entrichten hat. Diese Hinzurechnung setzt
- eine Schuld und
- ein Entgelt im Sinne einer Gegenleistung für die Nutzungsmöglichkeit des Fremdkapitals
voraus.
Negative Einlagezinsen werden nicht erfasst: Die von einem gewerblichen Unternehmen an ein Geld- oder Kreditinstitut entrichteten negativen Einlagezinsen werden jedoch nicht für die Nutzung von Kapital eines Dritten, sondern für die Verwahrung von Eigenkapital entrichtet und erfüllen damit nicht die Voraussetzungen der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG.
Betrachtung jedes Schuldverhältnisses für sich: Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG vorliegen, muss grundsätzlich jedes Schuldverhältnis für sich betrachtet werden. Eine Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist grundsätzlich nicht möglich.
Nur ausnahmsweise einheitliche Schuld bei wirtschaftlichem Zusammenhang: Mehrere Verbindlichkeiten sind jedoch ausnahmsweise als eine einheitliche Schuld zu werten, wenn
- die einzelnen Schuldverhältnisse wirtschaftlich zusammenhängen und
- es dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. a S. 1 GewStG widerspräche, diesen Zusammenhang unberücksichtigt zu lassen.
Diese Grundsätze finden auch auf die im Cash-Pooling wechselseitig gegebenen Darlehen Anwendung. Entscheidend ist, ob die Darlehen
- gleichartig sind,
- derselben Zweckbestimmung dienen und
- regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden.
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