Leitsatz
1. Eine Betriebsstätte i.S. von § 12 Satz 1 AO erfordert eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
2. Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Räumlichkeiten dann eigene Betriebsstätten i.S. des § 12 Satz 1 AO sein, wenn es sich hierbei um solche einer eingeschalteten Dienstleistungs- oder Managementgesellschaft handelt und hierüber kein vertraglich eingeräumtes eigenes Nutzungsrecht besteht (BFH-Urteile vom 23.02.2011 – I R 52/10, BFH/NV 2011, 1354; vom 24.08.2011 – I R 46/10, BFHE 234, 339, BStBl II 2014, 764). Dies gilt aber nur, wenn die fehlende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung oder Anlage des Dritten durch eine eigene unternehmerische Tätigkeit vor Ort ersetzt wird (beispielsweise Identität der Leitungsorgane, fortlaufende nachhaltige Überwachung in den Räumlichkeiten des Auftragsnehmers).
3. Ohne eine gewisse räumliche und zeitliche "Verwurzelung" des Unternehmens vor Ort fehlt es an dem für eine Betriebsstättenbegründung erforderlichen Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke i.S. des § 12 Satz 1 AO. Allein die Übertragung von auch umfassenden Aufgaben ohne gleichzeitig eigene betriebliche Tätigkeiten vor Ort macht die Betriebsstätte des Auftragnehmers nicht zur Betriebsstätte des Auftraggebers.
Normenkette
§ 12 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, § 13, § 10 AO, § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 3 GewStG
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, deren Gesellschafter seit 2010 M (Geschäftsanteil 23.500 EUR) und A (Geschäftsanteil 1.500 EUR) waren. Alleiniger Geschäftsführer war seit 2010 M mit Wohnsitz in Luxemburg. Unternehmensgegenstand war die "Verwaltung eigenen Grundvermögens".
Die Klägerin erwarb 2009 ein bebautes Grundstück in X (Inland) für 790.000 EUR, das sie 2013 für 1,55 Mio. EUR wieder veräußerte. 2014 stellte sie ihre Geschäftstätigkeit ein.
Das Grundstück wurde aufgrund einer 2009 erteilten "Hausverwaltungsvollmacht" von einer GmbH verwaltet, die alle Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Verwaltung der Immobilie auch gegenüber Mietern und Pächtern sowie Behörden erhielt und auch Hausverwaltungstätigkeiten für andere Gesellschaften erledigte, an denen M beteiligt war; sie wurde vom selben Steuerberater betreut wie die Klägerin.
Der Finanzverwaltung wurden unterschiedliche Adressen in X als Sitz der Klägerin angegeben.
Gegen den GewSt-Messbetragsbescheid für 2013 legte die Klägerin ohne Erfolg Einspruch ein, den sie mit der erweiterten Kürzung begründete (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG). Das FG wies die mit dem Fehlen einer inländischen Betriebsstätte begründete Klage ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.11.2019, 9 K 11108/17, Haufe-Index 13715081, EFG 2020, 669).
Entscheidung
Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache zurück.
Hinweis
Das Urteil behandelt unter Einbeziehung der umfangreichen BFH-Rechtsprechung die Frage, ob ein Unternehmen mit inländischem vermieteten Grundbesitz und einem im Ausland lebenden Gesellschafter-Geschäftsführer hier über eine Betriebsstätte verfügt und deshalb GewSt schuldet, wenn es die Grundstücksverwaltung einem Dritten überträgt.
1. Der GewSt unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG), d.h. soweit für ihn im Inland eine Betriebsstätte (§ 12 Satz 1 AO) unterhalten wird, also eine Geschäftseinrichtung oder Anlage mit einer festen Beziehung zur Erdoberfläche, die von einer gewissen Dauer ist, der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Steuerpflichtige eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Eine lediglich tatsächliche Mitbenutzung der Geschäftseinrichtung oder die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit genügt dafür nicht.
2. Die Einrichtung oder Anlage muss der Tätigkeit unmittelbar dienen. Dafür genügt das Eigentum oder der Besitz eines Grundstücks nicht. Einem Dritten überlassene Gebäude begründen auch dann keine Betriebsstätte des Überlassenden, wenn dessen Geschäftszweck in der Vermietung oder Verpachtung besteht. Erforderlich ist, dass in dem vermieteten Objekt eine eigene unternehmerische Tätigkeit mit fester örtlicher Bindung ausgeübt wird.
3. Eine Betriebsstätte in der Betriebsstätte eines Dritten kann begründet werden, wenn der Unternehmer rechtlich befugt ist, die Einrichtung oder Anlagen nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen und wenn er eigene Arbeitnehmer beschäftigt oder ihm überlassene, seinen Weisungen unterliegende Arbeitnehmer oder Subunternehmer dort tätig werden.
4. Die Beauftragung einer Management- oder Betriebsführungsgesellschaft kann auch ohne Verfügungsrecht über deren Räumlichkeiten eine Betriebsstätte des beauftragenden Unternehmens begründen, wenn z.B. die Personenidentität der Leitungsorgane eine fortlaufende nachhaltige Überwachung ermöglicht. Eine wirtschaftliche Verf...