Leitsatz
1. Bei einer doppelstöckigen Personengesellschaft gehört zum Gewerbeertrag der Untergesellschaft nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG der Gewinn der Obergesellschaft aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils auch dann, wenn die Obergesellschaft nur in Folge ihrer gewerblichen Beteiligungseinkünfte insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt und an ihr ausschließlich natürliche Personen beteiligt sind.
2. Der in § 52 Abs. 32a EStG angeordnete zeitliche Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2 EStG i.d.F. des JStG 2007 verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot.
Normenkette
§ 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 Alternative 2, § 52 Abs. 32a EStG
Sachverhalt
Mit im Oktober 2001 auf den 1.1.2002 geschlossenem Vertrag veräußerte eine KG (W-KG) ihre Kommanditbeteiligung an einer GmbH & Co. KG (A-KG) an einen anderen Kommanditisten. Die W-KG hatte seinerzeit nur natürliche Personen als Gesellschafter und war rein vermögensverwaltend tätig.
Das FA berücksichtigte bei der Festsetzung des GewSt-Messbetrags für 2002 der A-KG unter Hinweis auf § 7 Satz 2 GewStG auch den Gewinn aus der Anteilsveräußerung. Die dagegen erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg (FG Bremen, Urteil vom 18.8.2010, 2 K 94/09 [5], Haufe-Index 2597684).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision zurück. § 7 Satz 2 GewStG sei verfassungsgemäß und dahin gehend auszulegen, dass auch Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an wegen des Haltens einer gewerblichen Beteiligung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG als gewerblich geltenden Personengesellschaften einbezogen seien. Die rückwirkende Einführung des § 15 Abs. 3 Nr. Alt. 2 EStG sei nicht verfassungswidrig.
Hinweis
1. Das Urteil ist eine Folgeentscheidung zum Urteil des BVerfG vom 10.4.2018, 1 BvR 1236/11 (BStBl II 2018, 303, Haufe-Index 11632832), mit dem das BVerfG § 7 Satz 2 GewStG für verfassungsgemäß erachtet hat (so auch zuvor der BFH, Urteil vom 22.7.2010, IV R 29/07, BFH/NV 2010, 2193, BFH/PR 2010, 479, BStBl II 2011, 511). Nach der dortigen Regelung unterliegt der GewSt auch der Gewinn aus der Veräußerung und Aufgabe eines Mitunternehmeranteils, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfällt. Die Ungleichbehandlung von mittelbar über eine Personengesellschaft und unmittelbar beteiligten natürlichen Personen wird als durch den Missbrauchsbekämpfungszweck der Regelung sachlich gerechtfertigt angesehen.
2. Der Urteilsfall wies die Besonderheit auf, dass die Obergesellschaft eine vermögensverwaltende Gesellschaft war, die nur aufgrund ihrer Beteiligung an der gewerblichen Gesellschaft selbst kraft Abfärbung als Gewerbebetrieb galt. Auch wenn eine solche Obergesellschaft einen Mitunternehmeranteil veräußert, fällt dies unter § 7 Satz 2 GewStG und ist mit der Verfassung vereinbar, wie der BFH hier entschieden hat. Dazu verweist er auf die beabsichtigte Vereinfachung dadurch, dass das für die Untergesellschaft zuständige FA keine Feststellungen zu einer Obergesellschaft treffen muss, sich vielmehr allein auf die Rechtsform stützen kann.
3. Dass die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft zur Abfärbung bei der Obergesellschaft führt, ergibt sich aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG. Diese Regelung ist erst durch das JStG 2007 eingefügt worden, hat aber Rückwirkung auf frühere Jahre. Gegen die Rückwirkung hat der BFH keine verfassungsrechtlichen Bedenken, weil die Regelung eine jahrzehntelange Verwaltungspraxis bestätigt, die erst durch ein BFH-Urteil aus dem Jahr 2004 in Zweifel gezogen wurde (BFH, Urteil vom 6.10.2004, IX R 53/01, BFH/NV 2005, 129, BFH/PR 2005, 10, BStBl II 2005, 383). Schutzwürdiges Vertrauen soll sich aus jenem Urteil nach Meinung des BFH nicht ergeben können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.7.2018 – IV R 39/10