Prof. Dr. Andreas Herlinghaus
Leitsatz
Das Recht, Vermögensteuer für die Beteiligung einer in der Schweiz ansässigen, im Inland beschränkt vermögensteuerpflichtigen Person an einer inländischen gewerblich geprägten Personengesellschaft zu erheben, steht der Schweiz zu.
Normenkette
Art. 2 Abs. 3, Art. 3, Art. 22 Abs. 2 DBA-Schweiz, Art. 7 Abs. 1 DBA-USA 1989 a.F., § 15 EStG, § 19, § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 121 BewG a.F., § 2 VStG
Sachverhalt
Der Kläger hatte in 1994 bis 1996 seinen Wohnsitz in der Schweiz. Im Inland hatte er weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt.
Der Kläger war in diesen Jahren als Kommanditist zu 99,75 % am Gesellschaftsvermögen einer GmbH & Co. KG (KG) mit Sitz in K beteiligt. Die restliche Beteiligung hielt die Komplementär-GmbH (GmbH), der auch die Geschäftsführung oblag. Die KG verwaltete Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften, u.a. an einer AG, und war zudem zur Buchführung für eine GbR verpflichtet, an der sie nicht beteiligt war. Diese Verpflichtung ließ sie für das von der GbR an sie gezahlte Entgelt (12 000 DM jährlich) von der AG wahrnehmen.
Das FA stellte für die KG auf den 01.01.1994 bis 1997 Einheitswerte des Betriebsvermögens fest und rechnete dem Kläger jeweils einen Anteil am Einheitswert zu. Die Einsprüche, mit denen sich der Kläger gegen die Zurechnung von Anteilen an den festgestellten Einheitswerten wandte, blieben erfolglos.
Das FG (FG Köln, Urteil vom 13.08.2009, 15 K 2900/05, Haufe-Index 2228441, EFG 2009, 1819) gab der Klage mit der Begründung statt, die Anteilszurechnungen hätten für die Besteuerung des beschränkt vermögensteuerpflichtigen Klägers keine Bedeutung i.S.d. § 19 Abs. 4 BewG. Die Anteile unterlägen nämlich nicht der inländischen Vermögensteuer. Sie hätten zwar zu dem der beschränkten Vermögensteuerpflicht unterliegenden inländischen Betriebsvermögen gehört. Das Besteuerungsrecht für die Anteile stehe aber nach dem DBA-Schweiz der Schweiz zu.
Das BMF, das gem. § 122 Abs. 2 S. 1 FGO dem Verfahren beigetreten war, teilte die Auffassung des FA, dass das Besteuerungsrecht für die Anteile des Klägers an den Einheitswerten des Betriebsvermögens der KG der Bundesrepublik zustehe. Auch gewerblich geprägte Personengesellschaften seien Unternehmen im abkommensrechtlichen Sinn. Soweit sich aus dem BFH-Urteil vom 28.04.2010, I R 81/09 (BFH/NV 2010, 1550, BFH/PR 2010, 351) etwas anderes ergebe, könne dem nicht gefolgt werden.
Entscheidung
Der BFH bestätigte jetzt das FG-Urteil und wies die Revision des FA als unbegründet ab.
Hinweis
1. Bei der Feststellung der Einheitswerte für inländische Gewerbebetriebe (§ 19 Abs. 1 Nr. 2, § 95 BewG i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 1 AO) sind naturgemäß auch Feststellungen über die Zurechnung der betroffenen wirtschaftlichen Einheit und über die Höhe der Anteile mehrerer Beteiligter zu treffen. Dies ist aber nur der Fall, soweit die Feststellungen überhaupt für die Besteuerung von Bedeutung sind (§ 19 Abs. 4 BewG). Eine Feststellung hat also zu unterbleiben, wenn es unzweifelhaft ist, dass ihr keine steuerliche Bedeutung (mehr) zukommt. Sind Feststellungsbescheide ergangen, obwohl zweifelsfrei feststeht, dass dem Steuerpflichtigen zugerechnete Anteile an den Einheitswerten eines inländischen Betriebsvermögens einer Gesellschaft (hier: KG) nicht der inländischen Vermögensteuerpflicht unterliegen, so sind sie rechtswidrig und damit aufzuheben.
2. Im Streitfall stellte sich die im Ergebnis zu verneinende Frage, ob das Besteuerungsrecht für die dem Kläger zugerechneten Anteile an der KG der Bundesrepublik zustand.
a) |
Die in der Person des Klägers gegebene beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nach § 2 Abs. 2 VStG zwar auf Vermögen der in § 121 BewG genannten Art, das auf das Inland entfällt. Dazu gehört nach § 121 Abs. 2 Nr. 3 BewG das inländische Betriebsvermögen einschließlich desjenigen von Gesellschaften, die, wie die KG im Streitfall, nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt sind (§ 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1 BewG). Die KG übte nämlich keine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG aus und es war ausschließlich die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin und zur Geschäftsführung befugt. |
b) |
Das Besteuerungsrecht für die dem Kläger zugerechneten Anteile an den Einheitswerten des Betriebsvermögens der KG stand allerdings nach Art. 22 Abs. 6 DBA-Schweizder Schweiz zu. Danach können Vermögenswerte, für die Art. 22 Abs. 1 bis 5 DBA Schweiz keine Regelung enthält, nur in dem Staat besteuert werden, in dem die Person ansässig ist, der die Vermögenswerte zuzurechnen sind. |
c) |
Die Finanzverwaltung hatte sich demgegenüber zu Unrecht auf Art. 22 Abs. 2 DBA-Schweiz berufen, wonach bewegliches Vermögen, das Betriebsvermögen einer Betriebsstätte eines Unternehmens darstellt oder das zu einer der Ausübung eines freien Berufes dienenden festen Einrichtung gehört, in dem Vertragsstaat besteuert werden kann, in dem sich die Betriebsstätte oder die feste Einrichtung befindet. Dies war insoweit sehr interessant, als es zum Begriff des "Unternehmens" im Sinn ... |