Leitsatz
1. Eine Freiberufler-GbR erzielt gewerbliche Einkünfte, wenn sie neben der freiberuflichen Tätigkeit in erheblichem Umfang Strom erzeugt und gegen Entgelt in das öffentliche Stromnetz einspeist.
2. Die Tätigkeiten der GbR sind nicht untrennbar miteinander verbunden, wenn sie jeweils gegenüber anderen Vertragspartnern erbracht werden und ohne bedeutsame Einschränkungen eine der Tätigkeiten aufgegeben und nur noch die andere durchgeführt werden kann.
3. Die Umqualifizierung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG greift dann nicht, wenn der Anteil der originär gewerblichen Tätigkeit äußerst gering ist. Davon kann bei einem 20 %igen Anteil der gewerblichen Tätigkeit am Gesamtumsatz nicht ausgegangen werden.
Sachverhalt
Eine aus Ingenieuren bestehende GbR plante, errichtete und betrieb Windkraftanlagen. Der erzeugte Strom wurde aufgrund eines Vertrags mit den Stadtwerken ins Stromnetz eingespeist. Die Umsätze aus dem Stromverkauf machten in den Streitjahren 1997 bis 1999 zwischen 24,5 und 55,2 % der Gesamtumsätze der GbR aus. Allerdings wurde aus dem Stromverkauf nur ein Gewinn von höchstens 9.000 DM jährlich erzielt. Im Jahr 2000 wurde die Windkraftanlage zu Buchwerten in eine KG eingebracht. Das Finanzamt beurteilte die Einkünfte der GbR in den Streitjahren als gewerblich. Die GbR hielt dem entgegen, sie übe eine einheitliche Tätigkeit aus, die freiberuflich geprägt sei. Der Betrieb der Windkraftanlage habe allein der Akquisition von Aufträgen für die Ingenieurstätigkeit gedient. Außerdem sei die Anlage aus Demonstrationsgründen für Kunden sowie für die Gewinnung von Daten und Erkenntnissen für die weitere Anlagenentwicklung notwendig gewesen. Da somit eine untrennbar gemischte, aber freiberuflich geprägte Tätigkeit vorliege, seien die Einkünfte der Gesellschafter als solche aus selbständiger Arbeit einzustufen.
Entscheidung
Das FG folgt der Auffassung des Finanzamts und stuft die Tätigkeit als gewerblich ein. Es geht von zwei getrennten Tätigkeitsbereichen aus. Für die Trennbarkeit beider Bereiche spricht insbesondere die spätere Ausgliederung der Windkraftanlage in eine KG, andererseits die Tatsache, dass jeder Tätigkeitsbereich der GbR seinen eigenen Kundenkreis hatte. Außerdem verweist das FG darauf, dass die GbR die für die Weiterentwicklung der Anlagen erforderlichen Informationen auch über die bereits für Dritte errichteten Windkraftanlagen hätte erlangen können. Diese hätten auch für potenzielle Kunden als Demonstrationsobjekte genutzt werden können.
Da es sich somit nicht um eine einheitliche Tätigkeit handelte und einer der beiden Bereiche - die Stromerzeugung - die Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb erfüllte, griff die Abfärbetheorie ein, so dass die GbR insgesamt als gewerblich zu qualifizieren war. Von einer nur geringen Bedeutung der Stromerzeugung konnte angesichts des Umsatzanteils zwischen 24,5 % und 55,2 % nicht ausgegangen werden. Dass der Gewinn gering war, spielte keine Rolle, da die Rechtsprechung auf den Anteil am Gesamtumsatz abstellt. Ebenfalls irrelevant war, dass der mit der Windkraftanlage erzielte Gewerbeertrag stets unter dem gewerbesteuerlichen Freibetrag lag.
Hinweis
Das für die Gesellschafter der GbR missliche Ergebnis hätte ohne Weiteres verhindert werden können. Üben Freiberufler neben ihrer eigentlichen auch eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit aus, sollten stets zwei gesellschafteridentische Personengesellschaften nebeneinander gegründet werden, von denen eine die gewerbliche, die andere die selbständige Tätigkeit übernimmt. Werden beide Tätigkeiten von der GbR ausgeübt, besteht das Risiko der Gewerblichkeit, sobald der Umsatz aus der gewerblichen Tätigkeit mehr als ein bis zwei Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht.
Von dieser Konstellation zu unterscheiden ist der von der GbR im Klageverfahren gewählte Argumentationsansatz: Liegt tatsächlich eine einheitliche, gemischte Tätigkeit einer GbR vor, so stellt sich die Frage, welche der Tätigkeiten der GbR das Gepräge gibt. Dies kann nur im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden. Dann werden entweder nur gewerbliche Einkünfte oder nur Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 05.12.2002, 2 K 691/01