Leitsatz
1. Auch ein gewerblicher Grundstückshandel setzt Gewinnerzielungsabsicht voraus.
2. Die Gewinnerzielungsabsicht kann nachträglich entfallen.
3. Obliegt es dem gewerblichen Händler zu bebauender Grundstücke, mit Rücksicht auf eine längere Verlustphase Umstrukturierungsmaßnahmen zu treffen, so hat er geänderte konkrete Nutzungskonzepte zu entwickeln und zu verfolgen.
4. Die Hoffnung auf einen Veräußerungsgewinn jenseits einer Haltefrist von zehn Jahren ist regelmäßig privater Natur.
5. Wird der Betrieb weder umstrukturiert noch aufgegeben, kommt es zum Strukturwandel zur Liebhaberei.
Normenkette
§ 15 Abs. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 8 VO zu § 180 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Der Kläger war als Vermessungsingenieur tätig und wurde mit der Erschließung des Gewerbegebiets Y in dem im Beitrittsgebiet gelegenen Ballungsgebiet A/B betraut. Aufgrund dieser Tätigkeit wurden dem Kläger die Verhältnisse des Gewerbegebiets bekannt. 1992 erwarb er dort ein Grundstück und stellte einen Bauantrag für den geplanten Bau eines Büro- und Boardinghauses. Eine geplante Veräußerung des Grundstücks zerschlug sich 1994, die Erteilung der Baugenehmigung wurde 1995 abgelehnt. Weitere Versuche, das unbebaute Grundstück zu verkaufen oder zu vermieten, waren erfolglos. Trotz Inserierung im Internet wurde das Grundstück nicht veräußert. Das FA berücksichtigte seit 1992 die geltend gemachten Verluste. Im Streitjahr 2005 beantragte der Kläger die Anerkennung eines Verlustes aus gewerblichem Grundstückshandel. Dieser beruhte hauptsächlich auf der Teilwertabschreibung des streitgegenständlichen Grundstücks auf den unstreitigen aktuellen Verkehrswert, der weniger als ein Drittel der ursprünglichen Anschaffungskosten beträgt. Das FA erkannte diesen Verlust nicht an. Das FG hat der Klage stattgegeben, da nach den konkreten Umständen (Bauantrag, Verkaufsanzeigen, Verkaufsanbahnung, kurzfristige Finanzierung) davon auszugehen gewesen sei, dass der Kläger bei dem Ankauf des Grundstücks mit unbedingter Veräußerungsabsicht gehandelt habe. Anhaltspunkte für eine persönliche Neigung für die tatsächlich verlustbringende Tätigkeit gebe es nicht (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.12.2014, 13 K 3148/11, Haufe-Index 8486605).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg. Der BFH wies die Klage ab. Der Kläger habe im Streitjahr keinen gewerblichen Grundstückshandel (mehr) betrieben, sodass kein Verlust aus gewerblichem Grundstückshandel zu berücksichtigen sei. Selbst wenn der Kläger einen gewerblichen Grundstückshandel unterhalten haben sollte, so wäre – jedenfalls noch vor dem Streitjahr – die Gewinnerzielungsabsicht fortgefallen und der Betrieb im Wege des Strukturwandels zum Liebhabereibetrieb geworden.
Hinweis
In diesem erst nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmten Urteil geht es einmal mehr um ein Problem im Zusammenhang mit einem gewerblichen Grundstückshandel, hier konkret um die Frage, wie lange die Gewinnerzielungsabsicht eines Steuerpflichtigen noch bejaht werden kann, wenn das betreffende (einzige) Grundstück dauerhaft an Wert verliert und keine geeignete Maßnahmen zur Verwertung des Grundstücks ergriffen werden.
1. Eine zunächst gegebene Gewinnerzielungsabsicht kann nachträglich wieder entfallen. Dies führt zwar nicht zu einer steuerlichen Entstrickung des vormaligen Gewerbebetriebs. Allein der Fortfall der Gewinnerzielungsabsicht in einem bestehenden Betrieb bewirkt nämlich keine Betriebsaufgabe, sondern lediglich einen erfolgsneutralen Strukturwandel vom Gewerbebetrieb zur Liebhaberei. Die Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens bleiben sog. "eingefrorenes Betriebsvermögen". Die stillen Reserven werden auf den Zeitpunkt des Übergangs zur Liebhaberei nach § 8 VO zu § 180 Abs. 2 AO gesondert festgestellt. Die laufenden Ergebnisse sind von diesem Zeitpunkt an steuerrechtlich ebenso irrelevant wie im Fall der von Beginn an fehlenden Gewinnerzielungsabsicht.
2. Beweisanzeichen für den Wegfall der Gewinnerzielungsabsicht kann eine kontinuierliche Verlustperiode sein, in der das Grundstück selbst objektiv erheblich an Wert verliert und es sich als unmöglich erweist, ein anderes gewinnbringendes Bebauungs- und Verwertungskonzept zu finden. Hinzutreten muss, dass der Steuerpflichtige auf die zunehmenden Vermarktungsschwierigkeiten nur unzureichend reagiert und mit dem Unterlassen geeigneter neuer Planungen zu erkennen gibt, dass die (etwaige) Betriebsführung nicht mehr ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet ist.
3. Wird unter diesen Umständen der (etwaige) Betrieb unverändert fortgeführt, nimmt der Steuerpflichtige den Verlust, den er angesichts dieser Entwicklung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat, aus Gründen hin, die nicht mehr im Bereich der steuerlich relevanten Einkünfteerzielung liegen. Das Motiv kann in der Erwartung liegen, dass die Immobilienpreise über einen sehr langen Zeitraum, ggf. auch über mehr als zehn Jahre hinweg, wieder steigen werden. Grundstücksveräußerungen nach ...