Nach § 43 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen und in ihr einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. Die Durchführung der Betriebs- und Abteilungsversammlung in diesem Zeitraum ist nicht in das Belieben des Betriebsrats gestellt, sondern vom Gesetz zwingend vorgeschrieben. Kommt der Betriebsrat dieser Verpflichtung nicht nach, verstößt er gegen seine gesetzlichen Pflichten.
Um die tatsächliche Durchführung der Betriebs- oder Abteilungsversammlungen zu gewährleisten, kann eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft nach § 43 Abs. 4 BetrVG beim Betriebsrat beantragen, dass dieser eine Betriebsversammlung einberuft, wenn im vorhergegangene Kalenderhalbjahr keine Betriebsversammlung und keine Abteilungsversammlung stattgefunden hat. Wird ein solcher Antrag gestellt, muss der Betriebsrat vor Ablauf von 2 Wochen nach Antragseingang eine Betriebsversammlung einberufen. Ein entsprechender Antrag ist formlos an den Betriebsrat zu richten. Allerdings ist die Gewerkschaft nicht berechtigt, die Tagesordnung für die auf ihren Antrag hin einzuberufende Betriebsversammlung festzulegen.
Nach § 46 Abs. 1 BetrVG können Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften an Betriebs- bzw. Abteilungsversammlungen beratend teilnehmen. Das Teilnahmerecht besteht unabhängig von einer Einladung durch den Betriebsrat oder einer Gestattung durch den Arbeitgeber. Für Abteilungsversammlungen besteht ein Teilnahmerecht auch dann, wenn die Gewerkschaft nicht der Abteilung, wohl aber im Betrieb vertreten ist. Nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalitionen haben keinen Anspruch auf Teilnahme. Sie können aber Anspruch auf Zutritt gegen den Arbeitgeber (nicht Betriebsrat!) zwecks Mitgliederwerbung haben.
Wie bei der Ausübung des Zugangsrechts nach § 2 Abs. 2 BetrVG bestimmt die Gewerkschaft selbst, wen und wie viele Beauftragte sie zu der Betriebsversammlung entsendet. Der Arbeitgeber kann die Teilnahme eines bestimmten Gewerkschaftsvertreters an einer Betriebsversammlung nur unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 BetrVG – etwa bei bevorstehenden Störungen des Betriebsfriedens – untersagen.
Bevorstehende Störung des Betriebsfriedens
Bei der letzten Betriebsversammlung zum Personalabbau ist es durch die aufrührerischen Redebeiträge des Gewerkschaftsfunktionärs A zu Unruhe unter der Belegschaft gekommen, die zu tumultartigen Szenen geführt haben. Bei der bevorstehenden Betriebsversammlung soll dieses Thema wieder Gegenstand der Tagesordnung sein. Hier kann der Arbeitgeber verlangen, dass nicht A, sondern ein anderer Gewerkschaftsbeauftragter an der Betriebsversammlung teilnimmt. Entsendet die Gewerkschaft dennoch wieder A, kann der Arbeitgeber diesem wegen der Regelung in § 2 Abs. 2 BetrVG den Zutritt zum Betriebsgelände verweigern.
Der Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft hat Rederecht auf der Betriebsversammlung. Im Rahmen seiner Stellungnahme kann er auch auf überbetriebliche Fragen (Tarifforderungen der Gewerkschaft, Abschluss eines Tarifvertrages) eingehen, soweit sie in einem sachlichen Zusammenhang mit dem von ihm besuchten Betrieb stehen. Er kann jedoch keine Anträge stellen und darf an Abstimmungen nicht teilnehmen.
Nach § 46 Abs. 2 BetrVG muss der Betriebsrat – regelmäßig der Betriebsratsvorsitzende – die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften über alle Betriebs- und Abteilungsversammlungen unterrichten. Dies gilt nicht nur für die regelmäßig stattfindenden Versammlungen, sondern auch für außerordentliche Betriebs- oder Abteilungsversammlungen. Die Einladung muss Zeit, Ort und die beabsichtigte Tagesordnung der Betriebs- und Abteilungsversammlung enthalten und so rechtzeitig erfolgen, dass diese genügend Zeit für eine sachliche Vorbereitung ihrer Teilnahme hat. Versäumt der Betriebsrat die Benachrichtigung der Gewerkschaft, so ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, diese an seiner Stelle vorzunehmen. Das Zutrittsrecht der Gewerkschaft bzw. ihres Beauftragten entfällt nicht, weil der Betriebsrat die Unterrichtung über die Betriebsversammlung unterlässt. Erhält sie auf andere Weise Kenntnis von der Veranstaltung, so ist einem entsandten Gewerkschaftsbeauftragten dennoch Zutritt zum Betrieb zu gewähren.
Entscheidung im Beschlussverfahren
Besteht Streit über die Berechtigung des Gewerkschaftsbeauftragten zur Teilnahme an einer Betriebs- oder Abteilungsversammlung, so ist dieser im Beschlussverfahren auszutragen. Beteiligte sind der Betriebsrat, Arbeitgeber sowie die im Betrieb vertretene Gewerkschaft, die in ihrem Zugangsrecht zur Betriebs- und Abteilungsversammlung beschränkt werden soll.