Dipl.-Finw. (FH) Holm Geiermann
Zusammenfassung
Gewinnausschüttungen sind das Verbindungsglied, mit dem Gewinne einer Kapitalgesellschaft dem Gesellschafter zugeführt werden.
Da auf Ebene der Kapitalgesellschaften in Form der Körperschaftsteuer eine eigenständige Besteuerung stattfindet, müssen die Gesellschafter – anders als bei Personengesellschaften – nur die ausgeschütteten Gewinne versteuern. Bei Personengesellschaften wird dem Gesellschafter (Mitunternehmer) – unabhängig von einer Ausschüttung – der Gewinnanteil als Einkommen unmittelbar zugerechnet (sog. transparente Besteuerung).
Mit der Einführung des Optionsmodells für Personenhandelsgesellschaften und Partnerschaftsgesellschaften gelten für die optierenden Gesellschaften vergleichbare Regelungen für die Besteuerung von Aussschüttungen.
Die Besteuerung von Gewinnausschüttungen im Körperschaftsteuerrecht regelt § 8b KStG. Im Einkommensteuerrecht werden die Gewinnausschüttungen als Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG besteuert.
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind mit ihrer Einkommensauswirkung in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG definiert.
1 Definitivbesteuerung auf 2 Ebenen
Das zu versteuernde Einkommen der Kapitalgesellschaft unterliegt in der ersten Stufe einem einheitlichen Steuersatz von 15 %, unabhängig davon, ob die Gewinne einer Ausschüttung zugeführt werden oder eine Thesaurierung stattfindet.
In der zweiten Stufe unterliegen auf Ebene der Gesellschafter die Gewinnausschüttungen als Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Barausschüttung zuzüglich von der Kapitalgesellschaft für Rechnung des Gesellschafters einzubehaltende Kapitalertragsteuer) bei natürlichen Personen als Gesellschafter der Besteuerung.
Für Gewinnausschüttungen, die eine Körperschaft als Gesellschafter bezieht, gelten nach § 8b Abs. 1 KStG Sondervorschriften. Hierdurch wird eine Mehrfachbesteuerung in einer Ausschüttungskette vermieden.
2 Arten der Gewinnausschüttung
2.1 Offene Gewinnausschüttung
Eine den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechende Gewinnausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr (offene Ausschüttung) ist der Regelfall der Gewinnausschüttung. Die Standardfälle sind Dividenden aus Aktien und die i. d. R. im Rahmen der Gesellschafterversammlung beschlossene Gewinnausschüttung einer GmbH.
2.2 Vorabausschüttung
Eine Sonderform der offenen Ausschüttung ist die Vorabausschüttung. Bei einer GmbH sind Vorabausschüttungen handelsrechtlich bereits vor Ablauf des Wirtschaftsjahrs zulässig.
Hingegen darf eine AG nach § 59 Abs. 1 AktG erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs einen Abschlag auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn leisten.
2.3 Verdeckte Gewinnausschüttung
Diese Art der Gewinnausschüttung kennt nur das Steuerrecht. Wie der Begriff "verdeckt" zum Ausdruck bringt, ist die Gewinnausschüttung nicht offensichtlich erkennbar, sondern verbirgt sich im Regelfall hinter einer anderen rechtlichen Gestaltung.
Eine gesetzliche Definition der verdeckten Gewinnausschüttung ist weder in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG noch in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG enthalten (sog. unbestimmter Rechtsbegriff). Der BFH hat die verdeckten Gewinnausschüttungen in seiner Rechtsprechung wie folgt definiert:
Eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. v. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist
- eine (bei der Kapitalgesellschaft eintretende) Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung
- die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist,
- sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i. S. v. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG auswirkt und
- in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.
Zudem muss der Sachverhalt geeignet sein, beim Gesellschafter einen Beteiligungsertrag i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Nachfolgend einige Fallbeispiele zu verdeckten Gewinnausschüttungen:
Überhöhte Vergütungen der GmbH für Leistungen des Gesellschafters
- Ein Gesellschafter veräußert an die GmbH ein Grundstück zu einem unangemessen hohen Preis.
- Ein Gesellschafter vermietet an die GmbH Gegenstände (insbesondere Grundstücke) und erhält dafür eine unangemessen hohe Vergütung.
- Ein Gesellschafter beteiligt sich an der GmbH als stiller Gesellschafter und erhält dafür einen unangemessen hohen Gewinnanteil.
- Ein Gesellschafter erhält für seine Geschäftsführertätigkeit ein unangemessen hohes Gehalt.
- Der Gesellschafter erhält von der GmbH überhöhte Zinsen für ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen.
- Der Gesellschafter veräußert an die Gesellschaft Waren zu einem überhöhten Preis.
Unangemessen niedrige Vergütungen für Leistungen der GmbH
- Die GmbH gewährt ihrem Gesellschafter ein Darlehen unter dem üblichen Marktzins.
- Die Gesellschaft veräußert an den Gesellschafter Wirtschaftsgüter (Grundstück, Kfz, Waren usw.) zu einem unangemessen niedrigen Preis.
Sonstige Fälle
- Die Gesellschaft tätigt ein sog. "OR-Geschäft"; die Zahlung des Kunden wird unmittelbar vom Gesellschafter vereinnahmt, ohne dass bei der GmbH eine Erfassung als betrieblicher Ertrag erfolgt.
- Eine GmbH übernimmt private Reisekosten eines Gesellschafters.
- Der Steuerberater der GmbH berät auch den Gesellschafter in dessen persönlichen Steuerangelegenheiten. Die GmbH zahlt das gesamte...