Leitsatz
1. Wird innerhalb der Klagefrist ein Gewinnfeststellungsbescheid lediglich bezüglich der Höhe des Gewinns aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils angefochten und erwächst deshalb die Feststellung zum Vorliegen eines Veräußerungsgewinns "dem Grunde nach" in Bestandskraft, so ist ohne weitere materielle Prüfung davon auszugehen, dass der Veräußerer (hier: Kläger) einen Gewinn aus der entgeltlichen Übertragung seines Mitunternehmeranteils erzielt hat.
2. Anderes gilt jedoch dann, wenn über das Vorliegen eines Veräußerungstatbestands mit Wirkung gegenüber mehreren (früheren) Gesellschaftern einheitlich zu entscheiden ist (hier: Annahme eines Abfindungsangebots der KG) und zumindest einer der früheren Mitgesellschafter innerhalb der Klagefrist den Ansatz des Veräußerungsgewinns "dem Grunde nach" angefochten hat. In einem solchen Fall ist der Kläger zu dem Klageverfahren des Mitgesellschafters beizuladen und sein eigenes Klageverfahren auszusetzen.
Normenkette
§ 48, § 60 Abs. 3, § 74 FGO, § 16 EStG, § 2, § 5, § 14 UmwStG 1995
Sachverhalt
Der Kläger hatte Aktien zum Preis von ca. 23 500 DM erworben. Im Folgejahr später wurde die AG rückwirkend in eine KG umgewandelt. Der Kläger widersprach der Umwandlung nicht, nahm aber wenig später ein Barabfindungsangebot an und erhielt eine Abfindung von ca. 31 700 DM.
Das FA erließ einen Feststellungsbescheid gegenüber der KG, in dem Veräußerungsgewinne der ausgeschiedenen Altaktionäre von ca. 6 Mio. DM festgestellt wurden. Davon entfielen auf den Kläger 20 600 DM.
Nach erfolglosem Einspruch machte der Kläger beim FG zunächst geltend, bei der Feststellung seines Veräußerungsgewinns müssten weitere Anschaffungskosten von 12 500 DM abgezogen und der Gewinn auf 8 100 DM festgestellt werden. Später beantragte er die Aufhebung des gesamten Feststellungsbescheids.
Das FG hob den Feststellungsbescheid antragsgemäß auf, weil der Kläger nicht an der rückwirkenden Umwandlung teilgenommen habe und die Abfindung deshalb als nicht steuerbare Veräußerung von Aktien anzusehen sei (FG Münster, Urteil vom 13.12.2007, 3 K 3579/04, Haufe-Index 1979338).
Entscheidung
Die Revision des FA hatte Erfolg; der BFH verwies das Verfahren an das FG zurück. Es müsse die Beiladung der KG nachholen. Die verbliebenen Gesellschafter seien nicht beizuladen. Auch die anderen ausgeschiedenen Gesellschafter seien nicht beizuladen, denn entgegen der Ansicht des FG sei der Veräußerungsgewinn nicht dem Grunde, sondern nur der Höhe nach angefochten gewesen. Es müsse aber eine Aussetzung des Verfahrens stattfinden, wenn ein anderer Gesellschafter den Veräußerungsgewinn dem Grunde nach angefochten habe.
Hinweis
1. Das rein verfahrensrechtlich ausgerichtete Urteil betrifft vor allem den Umfang der Bestandskraft von Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.
Während Steuerbescheide ungeachtet ihrer Grundlagen nur insoweit bestandskräftig werden, als sie die Steuer festsetzen, ist es der Zweck von Feststellungsbescheiden nach §§ 179 ff. AO,Besteuerungsgrundlagen gesondert – also unabhängig von der Steuerfestsetzung – festzustellen. Dabei wird jede einzelne Besteuerungsgrundlage isoliert betrachtet, auch wenn ein Feststellungsbescheid mehrere Besteuerungsgrundlagen feststellt. Folge davon ist, dass ein Rechtsbehelf gegen einen Feststellungsbescheid eine oder mehrere festgestellte Besteuerungsgrundlagen betreffen kann. Wird ein Gewinn aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen festgestellt und richtet sich – wie hier – der Rechtsbehelf gegen die Höhe des Gewinns, werden die Feststellungen bestandskräftig, dass der Steuerpflichtige Mitunternehmer war und dem Grunde nach einen Veräußerungsgewinn erzielt hat. Im gesamten weiteren Verfahren kann dann nur noch über die Höhe des Veräußerungsgewinns gestritten werden.
2. Sind von einer gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlage mehrere Steuerpflichtige betroffen, kann die Feststellung nur einheitlich ergehen. Deshalb sind alle Betroffenen einspruchs- und klagebefugt. Betroffene, die nicht selbst Einspruch bzw. Klage erhoben haben, sind zu den Verfahren der anderen Betroffenen hinzuzuziehen bzw. beizuladen. Wenn mehrere Betroffene getrennt voneinander Klage erhoben haben, werden die Verfahren miteinander verbunden, um eine einheitliche Entscheidung sicherzustellen.
Was die Höhe eines Gewinns aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils betrifft, ist davon i.d.R. neben der Mitunternehmerschaft nur der jeweilige Mitunternehmer betroffen. Ist der Veräußerungsgewinn aber dem Grunde nach streitig, können mehrere Mitunternehmer betroffen sein, wenn etwa wie hier eine Abfindung nach Umwandlung von einer Kapital- in eine Personengesellschaft gezahlt wird. Hat nun in einem solchen Fall ein Mitunternehmer den Gewinn dem Grunde nach mit der Klage angegriffen, ein anderer Mitunternehmer aber nur der Höhe nach, muss das Verfahren, das den Grund betrifft, vorrangig durchgeführt werden. Das Verfahren zur Höhe ist währenddessen nach § 74 ...