Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft dürfen nach Ansicht des Niedersächsischen FG nicht vom Steuerklassenwechsel und dem Ehegattensplitting ausgeschlossen werden. Das FG stützt seine Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Sachverhalt
Ein Polizist ging mit seinem gleichgeschlechtlichen Partner eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein. Beide Lebenspartner lebten nicht dauernd getrennt und waren unbeschränkt steuerpflichtig. Als der Polizist seine Lohnsteuerklasse ab dem 1.1.2010 von I auf III ändern lassen wollte, lehnte das Finanzamt ab. Der Polizist nahm diese Ungleichbehandlung nicht hin und beantragte beim FG, das Finanzamt im Wege einer einstweiligen Anordnung zur Steuerklassenänderung zu verpflichten.
Entscheidung
Der Antrag hatte Erfolg. Das FG verpflichtete das Finanzamt, die Steuerklasse III auf der Lohnsteuerkarte 2010 einzutragen. Zwar werden Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht vom Wortlaut der entsprechenden gesetzlichen Regelung (§ 38b Satz 2 Nr. 3 Buchst. a EStG) erfasst. Eine Steuerklassenänderung ist jedoch zu gewähren, da eingetragene Lebenspartner nicht von der Teilnahme an Steuervergünstigungen ausgeschlossen werden dürfen, die allein an den Status der Eheschließung anknüpfen. Nach Ansicht des FG ist es verfassungswidrig, den eingetragenen Lebenspartner von der Anwendung des Lohnsteuerklassenwechsels und des Ehegattensplittings auszuschließen.
Nimmt der Gesetzgeber wie im vorliegenden Fall eine Differenzierung vor, die mit der sexuellen Orientierung von Personen zusammenhängt, fordert das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine strenge Gleichheitsprüfung. Zwar stellt das Grundgesetz die Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung, sodass der Gesetzgeber die Ehe gegenüber anderer Lebensformen begünstigen darf. Geht diese Förderung jedoch mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, kann eine Differenzierung nicht mit dem bloßen Verweis auf das Schutzgebot der Ehe gerechtfertigt werden. Der BFH hat eine steuerliche Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartner im Falle des Veranlagungswahlrechts zwar wegen der Förderung von Ehe und Familie akzeptiert. An dieser Rechtsprechung ist nach Ansicht des FG jedoch nicht mehr länger festzuhalten. Insbesondere im Lichte des BVerfG-Beschlusses v. 21.7.2010 zur Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft im ErbStG müssen die Regelungen zum Ehegattensplitting und zur Eintragung von Lohnsteuerklassen auch für eingetragene Lebenspartner gelten.
Hinweis
Gegen das Urteil wurde Beschwerde beim BFH eingelegt unter dem Az. III B 210/10.
Ob einem eingetragenen Lebenspartner die Zusammenveranlagung und der Splittingtarif versagt werden darf, muss das BVerfG bereits in zwei anhängigen Verfassungsbeschwerden prüfen (Az. 2 BvR 909/06 und 2 BvR 288/07).
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Beschluss vom 01.12.2010, 13 V 239/10