Der BFH hat durch Urteil v. 23.11.2022 (BFH v. 23.11.2022 – I R 36/19, GmbH-StB 6/2023; Vorinstanz: FG Münster v. 12.4.2019 – 13 K 1482/16 K,G, EFG 2019, 1410) nochmals die bestehenden Anforderungen an die steuerliche Anerkennung einer stillen Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen skizziert.
a) Wirtschaftliches Eigentum an GmbH-Geschäftsanteilen
Zurechnung dem Unterbeteiligten: Das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Geschäftsanteilen wird dem Unterbeteiligten zugerechnet (§ 39 Abs. 2 AO), wenn er durch den Unterbeteiligungsvertrag in die Lage versetzt wird, alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte auszuüben.
Zurechnungskriterien: Kumulativ erforderlich ist es, dass der Unterbeteiligte
- das Gewinnbezugsrecht (§ 29 GmbHG),
- die Teilhabe am Risiko der Wertminderung und der Chance auf Wertsteigerung der Anteile (Vermögensrechte) und
- die aus der Beteiligung sich ergebenden Verwaltungsrechte (damit insbesondere die Stimmrechte, § 47 GmbHG)
rechtlich wirksam und effektiv durchsetzen kann.
Unmaßgeblich = Unterscheidung zwischen "typischer" und "atypischer" Unterbeteiligung: Demgemäß ist nach Ansicht des BFH die Frage, ob der an einem Kapitalgesellschaftsanteil Unterbeteiligte i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO die Stellung eines wirtschaftlichen Mitinhabers erlangt hat, nicht nach der in der kautelarjuristischen Praxis gängigen und in ihrem Bedeutungsgehalt variierenden Unterscheidung zwischen "typischer" und "atypischer" Unterbeteiligung zu beantworten.
Maßgeblich = Erfüllen der genannten Zurechnungskriterien: Maßgeblich ist vielmehr einzig und allein, ob die im jeweiligen Einzelfall getroffene Abrede – ungeachtet ihrer Bezeichnung – nach Inhalt und Vollzug den vorstehend genannten Zurechnungskriterien genügt.
b) Anwendung auf den Streitfall
Zurechnungskriterien nicht erfüllt: Im Streitfall war dies nach den Feststellungen des Gerichts nicht der Fall. In dem zu entscheidenden Sachverhalt wurde um die steuerliche Anerkennung einer mehrstufig vermittelten Unter-Unterbeteiligung an GmbH-Anteilen gestritten.
Mit Blick auf das Stimmrecht war zugunsten des Haupt-Unterbeteiligten gegenüber dem letzten Unterbeteiligten in der Kette geregelt:
"Die Gesellschafterin [Haupt-Unterbeteiligter] verwaltet die Beteiligung nach eigenem freien Ermessen. Soweit sie jedoch über Geschäftsanteile an Tochter- und Enkelgesellschaften der [H-GmbH] verfügt, bedarf dies der Zustimmung der [Unter-]Unterbeteiligten. Dies gilt auch für Verfügungen über Geschäftsanteile der [H-GmbH] selbst und für deren Auflösung."
Die Gesellschafterin unterlag daher – so die Gerichte – keinen hinreichenden Einschränkungen in der Verwaltung der Beteiligung und damit auch in der Stimmrechtsausübung. Dadurch sei es der Unterbeteiligten verwehrt, ihr Stimmrecht effektiv in Bezug auf die von der Unterbeteiligung betroffenen Anteile durchzusetzen.
c) Folgen der steuerlichen Anerkennung der Unterbeteiligung
Wird die Unterbeteiligung steuerlich anerkannt, so wird
- im Veräußerungsfall,
- bei Kapitalherabsetzungen oder
- im Fall der Liquidation
der Unterbeteiligte so behandelt, als sei er unmittelbar Anteilseigner. Dies ist notwendige Folge, wenn die Unterbeteiligung als solche anerkannt wird.
d) Gewerbesteuerliche Aspekte
Stellt die Beteiligung bei dem Hauptgesellschafter und Unterbeteiligten Privatvermögen dar, fällt Gewerbesteuer nicht an.
Ist die Beteiligung der Hauptgesellschafter Betriebsvermögen, greift die Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1 Buchst. c GewStG.