1. Grundlagen
Wem sind die Einkünfte aus dem Geschäftsanteil zuzurechnen? Ertragsteuerlich steht die bis heute umstrittene Frage im Vordergrund, wem bei einem Nießbrauch die Einkünfte aus dem Geschäftsanteil zuzurechnen sind.:
Eine abweichende Zurechnung kommt in Betracht, wenn einem Dritten eine Position verschafft wird, die über die bloße Vereinnahmung der Ausschüttung hinausgeht. Ein Nießbrauchsrecht in seiner gesetzlichen Grundform erfüllt diese Anforderungen nicht, es vermittelt nur den Anspruch auf Zahlung des Gewinnanteils. Beachten Sie: Anders ist dies zu werten, wenn dem Dritten die Dispositionsbefugnis über die Einkünfte zusteht. Nach Auffassung des BFH genüge dazu im Einzelfall bereits die Einräumung einer Stimmrechtsvollmacht zugunsten des Nießbrauchsberechtigten.
Keine abweichende Zurechnung: Damit einhergehend ist eine abweichende Zurechnung in den üblichen Konstellationen
- des unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs sowie
- des reinen Sicherungsnießbrauchs
nicht gegeben. Der BFH hat dabei jüngst nicht länger zwischen den verschiedenen Zuwendungsformen des Nießbrauchs unterschieden.
Beraterhinweis Dies ist zu begrüßen, da für die Einkünftequalifikation nicht auf die Art der Bestellung des Rechts, sondern die damit eingeräumte Rechtsposition des Begünstigten abzustellen ist.
Unklare Rechtslage bei entgeltlicher Nießbrauchbestellung: Unklar ist die Rechtslage bei einer entgeltlichen Nießbrauchbestellung. Nach Auffassung der Finanzverwaltung hat der
- Nießbrauchbesteller das Entgelt nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu versteuern,
- während der Nießbraucher lediglich eine Forderung einziehe, so dass die Kapitalerträge bei ihm nicht zu besteuern seien.
Mögliche Folgen bei steuerlicher Nichtanerkennung des Nießbrauchsverhältnisses: Soweit das Nießbrauchsverhältnis steuerlich nicht anerkannt wird, kann der Nießbrauch auch auf den Wert begrenzt werden, mit dem der Gewinnanspruch nach Abzug der persönlichen Einkommensteuerbelastung unter Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer dem Nießbrauchbesteller zugerechnet wird. Ebenso können vertragliche Regelungen zur Erstattungsfähigkeit anrechenbarer Körperschaftsteuerbeträge getroffen werden.
2. Erbschaftsteuer
Der Vermächtnisnießbrauch erfüllt den Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG; der unentgeltliche Zuwendungsnießbrauch ist nach § 7 Abs. 1 ErbStG steuerpflichtig.
Für die Ermittlung des Werts des Nießbrauchs sind die §§ 13–15 BewG anzuwenden. Ist der Nießbraucher danach zur Steuerzahlung verpflichtet, so steht ihm ein Wahlrecht zu, ob er
- den Kapitalwert des Nießbrauchs als einmalige Zuwendung oder
- aber jährlich den Jahreswert des Nießbrauchs
der Steuer unterwerfen will (§ 23 Abs. 1 ErbStG). Wählt der Nießbraucher zunächst den Jahreswert (§§ 15, 16 BewG), so kann er diesen später noch abzulösen (§ 23 Abs. 2 ErbStG).
3. Steuerfalle: Nießbrauch und Betriebsaufspaltung
Bei Einbeziehung einer Betriebsaufspaltung ist Vorsicht geboten. Der BFH hat hierzu bereits in einer Reihe von Entscheidungen Stellung bezogen.
Die wirtschaftliche Zuordnung von Besitz- und Betriebsunternehmen ist fragil und hängt vom Einzelfall ab. Demnach sollen u.a. die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung entfallen, wenn sowohl Besitzunternehmen als auch die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft unter Nießbrauchsvorbehalt übertragen werden. Beachten Sie: Im Fall einer Stimmrechtsvollmacht ist demgegenüber nicht von einer Beendigung der Betriebsaufspaltung auszugehen.
Beraterhinweis Trotz der Übertragung der Anteile unter Nießbrauchsvorbehalt geht der...