Zivilrechtliche und steuerliche Voraussetzungen
[Ohne Titel]
Dr. Markus Wollweber, Dipl.-Finw. (FH), RA/FASt / Dr. Daniel Sommer, RA/StB
Nachdem sich die Beitragsreihe im letzten Teil mit Grundsatzfragen zur Unterbeteiligung an GmbH-Geschäftsanteilen beschäftigt hat (Wollweber, GmbH 2 Go (Teil 14): Unterbeteiligung an GmbH-Geschäftsanteilen – Zivilrechtliche und steuerliche Voraussetzungen zur wirksamen Vereinbarung, GmbH-StB 2023, 149), soll im vorliegenden Beitrag der Nießbrauch an GmbH-Anteilen näher beleuchtet werden. Dieser stellt ein abgeleitetes Recht an der Beteiligung dar und schafft (nach h.M.) kein eigenes Mitspracherecht des Nießbrauchsberechtigten. In Abgrenzung zur Unterbeteiligung besteht keine Partizipation am Substanzwert der Gesellschaft. Im Gegenzug bestehen Möglichkeiten der zielgerichteten Nachfolgegestaltung oder der Einkünfteverlagerung.
I. Erscheinungsformen des Nießbrauchs
Man unterscheidet folgende Erscheinungsformen:
- Zuwendungsnießbrauch
- Vermächtnisnießbrauch
- Vorbehaltsnießbrauch
Bezogen auf die vorgenannten Erscheinungsformen sind folgende Untertypen entwickelt worden:
- entgeltlicher oder unentgeltlicher Nießbrauch
- Netto- oder Bruttonießbrauch
- Vollrechts- oder Ertragsnießbrauch
- Quoten-/Bruchteilnießbrauch oder
- Nießbrauch am gesamten Gegenstand
II. Ähnliche Beteiligungsinstrumente
Denkbar zur Begründung einer wirtschaftlichen Beteiligung an einem Geschäftsanteil ist neben dem Nießbrauchsrecht
- auch eine Unterbeteiligung bzw.
- eine (atypisch) stille Beteiligung an dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft selbst.
Beide Arten der Beteiligung sind – sofern entsprechend geregelt – vererblich.
Wesentlicher Unterschied zum Nießbrauchsrecht ist meist die Beteiligung an den stillen Reserven der Gesellschaft.
III. Typische Einsatzmöglichkeiten des Nießbrauchs
Schenkungsteuerliche Motivation: Häufig ist der Einsatz eines Vorbehaltsnießbrauchrechts schenkungsteuerlich motiviert. Die Berechtigung zum Gewinnbezug wird bei einer Übertragung durch Vorbehaltsnießbrauch durch den ehemaligen Gesellschafter und neuen Nießbrauchberechtigten mit steuer- und gesellschaftsrechtlich anzuerkennender Wirkung zurückgehalten.
Eine schenkungsteuerliche Zuwendung erfolgt in Höhe der Differenz zwischen
- dem gemeinen Wert der übertragenden Beteiligung nach BewG einerseits und
- der kapitalisierten Ertragskraft des Nießbrauchrechts andererseits.
Erzielbare steuerliche Vorteile: In dieser Weise können
- schenkungsteuerliche Freibeträge bereits zu Lebzeiten ausgenutzt und
- zugleich Einkünfte zurückbehalten werden.
Beachten Sie: Hierbei muss genau geprüft werden: Der Nießbraucher hat grds. nur das Recht an den "Nutzungen", Gewinne aus Wertsteigerungen und stillen Reserven stehen dem Gesellschafter zu.
Durch die erzielbare Einkünfteverlagerung bei Einräumung eines Nießbrauchrechts können ebenso Progressionsvorteile genutzt werden.
IV. Zivilrechtliche Betrachtung
1. Grundlagen
Ein Nießbrauchsrecht kann
bestellt werden, so dass der Berechtigte die Nutzungen ziehen kann.
Die Begründung eines Nießbrauchs an einer GmbH-Beteiligung
- muss notariell beurkundet werden und
- erfordert aufgrund der gängigen Vinkulierungsklauseln regelmäßig der Zustimmung der Mitgesellschafter.
Der Berechtigte hat bei der Ausübung des Nutzungsrechts die bisherige wirtschaftliche Bestimmung der Sache aufrecht zu erhalten und nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft zu verfahren (§ 1036 Abs. 2 BGB). Er ist nicht berechtigt, die Sache umzugestalten oder wesentlich zu verändern (§ 1037 Abs. 1 BGB), sondern muss sie in ihrem wirtschaftlichen Bestand erhalten (§ 1041 S. 1 BGB).
Der Nießbrauch ist nicht übertragbar, kann aber einem anderen zur Ausübung überlassen werden (§ 1059 BGB). Das Nießbrauchsrecht erlischt nach § 1061 BGB mit dem Tod des Nießbrauchers.
2. Stimm- und Kontrollrechte
Nach wie vor nicht abschließend geklärt ist,
Stimm- und Auskunftsrechte vom Nießbraucher geltend gemacht werden können. Eine herrschende Auffassung geht davon aus, dass der Gesellschafter trotz des Nießbrauchs weiterhin stimmberechtigt bleiben soll. Nach anderer Auffassung steht dem Nießbrauchsberechtigten jedenfalls das Stimmrecht bezüglich laufender Angelegenheiten zu.
V. Steuerliche Betrachtung
1. Grundlagen
Wem sind die Einkünfte aus dem Geschäftsanteil zuzurechnen? Ertragsteuerlich steht die bis heute umstrittene Frage im Vordergrund, wem bei einem Nießbrauch die Einkünfte aus dem Geschäftsanteil zuzurechnen sind.:
- Dem Grundsatz nach sind Kapitaleinkünfte – losgelöst von ihrem Zahlungsweg – dem Anteilseigner z...