Anteilsübertragung und Gesellschaftsfinanzierung über die Blockchain?
[Ohne Titel]
Dr. Markus Wollweber, Dipl.-Finw. (FH), RA/FASt / Lara Weigand, wissenschaftliche Mitarbeiterin
In diesem Teil der Beitragsserie wollen die Autoren die Zukunft beleuchten: Ist es – ausgehend vom derzeitigen Recht – möglich, Übertragungen von Gesellschaftsanteilen an einer GmbH über die Blockchain darzustellen? Kann jedenfalls eine Gesellschaftsfinanzierung – z.B. ein Darlehen oder eine Unternehmensanleihe – über die Blockchain ausgegeben und gehandelt werden? Als "Disclaimer" sei vorangestellt: Das Thema ist in Literatur und Rechtsprechung bislang wesentlich unbeleuchtet. Insofern handelt es sich um Denkansätze, die zum kritischen Diskurs einladen.
I. Begrifflichkeiten
1. Blockchain
Die Blockchain ist eine Technologie, die verwendet wird, um Informationen sicher und transparent zu speichern. Vereinfachend kann die Blockchain mit einem digitalen Buch verglichen werden, das
- jede Transaktion oder Aufzeichnung
- revisionsfest und irreversibel
enthält.
Manipulation von Informationen praktisch ausgeschlossen: Das Besondere daran ist, dass es keine zentrale Autorität gibt, die dieses "Buch" kontrolliert. Stattdessen wird es von vielen Menschen – über das Internet verteilt – verwaltet. Dadurch wird es praktisch nahezu ausgeschlossen, die Informationen zu manipulieren.
2. NFT
NFT steht für "Non-Fungible Token" und bezieht sich auf digitale Assets, die einzigartig und unverwechselbar sind. NFT basieren auf der Blockchain-Technologie, in der Regel auf der Ethereum-Blockchain. Ein NFT repräsentiert
- das Eigentum oder bestimmte Rechte
- an einem bestimmten digitalen Gut (wie einem Kunstwerk, einer Musikdatei, einem Videospielgegenstand) oder einer Forderung oder einem sonstigen Recht.
Es wird durch ein eindeutiges Token identifiziert, das in der Blockchain gespeichert wird.
3. Smart Contracts
Die Verknüpfung
- des verbrieften Rechts
- mit einem NFT
erfolgt durch sog. "Smart Contracts". Smart Contracts sind programmierbare Verträge, die in der Blockchain ausgeführt werden. Sie enthalten Informationen über das Eigentum, die Übertragung und die spezifischen Rechte, die mit einem NFT verbunden sind.
Beispiel
Wenn z.B. ein Künstler ein Kunstwerk als NFT erstellt, kann er im Smart Contract bestimmte Bedingungen einfügen – wie etwa eine bestimmte Anzahl von Kopien oder das Recht auf zukünftige Einnahmen aus Weiterverkäufen. Diese Bedingungen werden in der Blockchain gespeichert.
Durch die Verwendung von NFTs werden mithin das Eigentum oder bestimmte Rechte an (digitalen) Gütern auf der Blockchain verifiziert und dokumentiert.
4. Handel mit NFT
Das NFT kann von einem digitalen Wallet ("Portemonnaie") zur anderen übertragen werden.
Es existieren zudem verschiedene NFT-Marktplätze und Plattformen, auf denen NFTs gekauft, verkauft und gehandelt werden können. Diese Marktplätze fungieren als Vermittler zwischen Käufern und Verkäufern. Der Handel erfolgt oft über Auktionen oder feste Preise. Die Transaktionen von NFTs werden durch Smart Contracts auf der Blockchain abgewickelt.
II. Warum Anteile oder Unternehmensanleihen tokenisieren?
Die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Tokenisierung von Gesellschafterrechten bzw. Unternehmensanleihen ist berechtigt. Weltweit handeln zwischenzeitlich mehrere 100 Mio. Personen mit Krypto-Währungen und NFT.
Chance auf weltweiten Anlegermarkt: Für Unternehmen, die z.B. mittels Kapitalerhöhung oder Ausgabe von Unternehmensanleihen ihre Unternehmensfinanzierung ohne Ein- oder Zwischenschaltung einer Bank gestalten wollen, bieten die Krypto-Plattformen insoweit einen großen – gegebenenfalls weltweiten – Anlegermarkt, um ihre Produkte zu platzieren.
Abbildbarkeit einer Zins-, Dividenden- oder Gewinnchance: Dabei muss aus Sicht des Anlegers eine Zins-, Dividenden- oder Gewinnchance abbildbar sein.
Fungibilität: Zudem müssen die entsprechenden Produkte fungibel – d.h. ohne weitere Rechts- oder Tatsachenakte – von Wallet zu Wallet bzw. von Plattform zu Plattform handelbar sein.
Rechtmäßige Umsetzbarkeit: Schließlich muss diese Zielsetzung rechtmäßig umsetzbar sein. Nachstehende Erwägungen beziehen sich auf die Rechtslage nach Maßgabe des deutschen Rechts.
Beraterhinweis Dabei ist zunächst Folgendes wichtig: Der "nackte" Erwerb eines NFT begründet noch keine unmittelbare Rechtsposition am Referenzobjekt.
III. Rechtlicher Rahmen
Gesonderte vertragliche Vereinbarung: Soll der Erwerber Rechte am Referenzobjekt erwerben, muss dies vertraglich gesondert vereinbart werden – etwa durch Abschluss eines Nutzungs-, Lizenz- oder Kaufvertrags. Beachten Sie: Insoweit ist es möglich, in den Metadaten eines NFT auf entsprechende Vertragsbedingungen zu verweisen.
Vermeidung des Auseinanderfallens von NFT und Recht: Für die Marktgängigkeit unerlässlich ist es, die Gefahr zu vermeiden, dass
- das NFT und
- das durch das NFT repräsentierte Recht oder die Forderung in der Inhaberschaft
auseinanderfallen.
Eine "Verbriefung" des Rechts oder der Forderung nach § 793 BGB durch den Token kam bislang mangels Urkunde in körperlicher Form und Wahrung der S...