Stichtagsprinzip bei Earn-Out-Klauseln und Optionsrechten

[Ohne Titel]

Dr. Markus Wollweber, RA/FASt[*]

Für den eine Transaktion begleitenden Steuerberater spielen Earn-Out-Klauseln sowie Optionsrechte eine wichtige Rolle. Die bisherigen Grundsätze des BFH hierzu haben mit der Entscheidung im Jahr 2018 eine wesentliche Modifikation erfahren. Häufig sollen zudem im Rahmen einer Transaktion durch die Aufnahme zukünftiger Erwerbs- und Andienungsrechte (Call- und Put-Optionen) rechtssichere Positionen generiert werden. Auf die steuerlichen Gefahren der (Doppel)-Optionen in diesem Zusammenhang soll dieser Beitrag hinweisen.

[*] Streck Mack Schwedhelm Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaft mbB Köln – Berlin – München.

I. Variable Kaufpreiskomponenten bei Anteilsveräußerungen

Werden Anteile an Kapitalgesellschaften sowie auch an Mitunternehmerschaften veräußert, ist

  • neben einem fixen Kaufpreis
  • häufig auch eine zukünftig fällig werdende – variable – Kaufpreiskomponente

Bestandteil der Gegenleistung.

Diese variable Kaufpreiskomponente kann ausgestaltet sein

  • als klassische Ratenzahlung oder auch
  • als eine (ggf. neben einem fixen Kaufpreisteil bestehende) dem Grunde wie der Höhe nach volatile Earn-Out-Klausel.

Solche Earn-Out-Klauseln knüpfen tatbestandlich z.B. an die Erreichung zukünftiger Umsatz- oder Gewinnkennzahlen an (z.B.: EBIT = earnings before interest and taxes, d.h. Ergebnis vor Zinsen und Steuern, oder EBITDA = earnings before interest, taxes, depreciation and amortization, d.h. Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte).

Oftmals mehraktige Übertragungen: Verkauf und Abtretung von Anteilen vollziehen sich zudem in der Praxis nicht immer "uno acto", sondern zuweilen auch in zwei oder mehreren – zeitlich zum Teil mehrere Jahre auseinanderliegenden – Akten. Häufig räumen sich die Parteien hierzu Optionsrechte an der nach dem ersten Teilverkauf vom Verkäufer noch gehaltenen Restbeteiligung ein.

Nachstehender Beitrag beleuchtet die Frage des Besteuerungszeitpunkts bei der Earn-Out-Klausel und bei Optionsklauseln.

II. Earn-Out-Klauseln

1. Bisherige Rechtsprechung

Grundsätze: Ausgehend von der Rechtsprechung im Bereich der Anwendung des § 16 EStG[1] haben sich folgende Grundsätze sowohl für Anteile an Kapitalgesellschaften als auch an Mitunternehmerschaften wie folgt in der bisherigen Rechtsprechung etabliert:

  • Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns erfolgt grds. stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt – und zwar nach dem Realisationsprinzip und nicht nach dem Zuflussprinzip.
  • Der Veräußerungszeitpunkt ist nach dem Realisationsprinzip der Zeitpunkt, zu dem die eigene Leistung erbracht ist: Bei der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist dies grds. der Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums an den übertragenen Anteilen.
  • Der Veräußerungsgewinn entsteht auf diesen Veräußerungszeitpunkt.

Rückwirkung nachträglicher Veränderungen: Nachträgliche Veränderungen des Veräußerungspreises sowie nachträglich angefallene Veräußerungskosten wirken damit grds. gewinnmindernd auf den Veräußerungszeitpunkt zurück, sofern die Kaufpreisanpassungsregelung, auf der die spätere Anpassung fußt,

[1] Vgl. BFH v. 19.7.1993 – GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897 = FR 1993, 848; BFH v. 21.9.1982 – VIII R 140/79, BStBl. II 1983, 289 = FR 1983, 223; vgl. auch Hülsmann, DStR 2015, 399 m.w.N.
[2] Eingehend: Geiger/Kurrle, Ubg 2019, 495.

2. Besonderheiten für Earn-Out-Klauseln

Wesentliche Modifikationen ...: Zwischenzeitlich haben diese Grundsätze durch die neuere Rechtsprechung – und insbesondere die Entscheidung des BFH vom 19.12.2018 – eine wesentliche Modifikation erfahren: Nach den Feststellungen des FG Hamburg[3] und nachgehend des BFH[4] werden Earn-Out-Zahlungen zwar weiterhin als Veräußerungsgewinn behandelt; Sondervorschriften (z.B. §§ 16 i.V.m. 34 EStG, § 17 EStG, § 8b Abs. 2, 3 KStG) bleiben damit anwendbar.

... bzgl. Erfassung in zeitlicher Hinsicht: Ihre Erfassung erfolgt in zeitlicher Hinsicht aber erst im Jahr des Zuflusses, wenn und soweit – so das FG und der BFH – der Anspruch auf die Earn-Out-Zahlung erst im Veranlagungsjahr des Zuflusses entstanden ist.

Beachten Sie: Zwischenzeitlich hat sich u.a. auch das FG Rheinland-Pfalz[5] dieser Sichtweise angeschlossen, wegen nicht abschließend in der Rechtsprechung geklärter Rechtsfragen aber nochmals die Revision zum BFH[6]zugelassen.

a) Von vorgenannten Entscheidungen betroffene Earn-Out-Klauseln

Vorstehend genannte Entscheidungen sind zu Earn-Out-Klauseln ergangen, die der Höhe nach an die Erreichung zukünftiger Umsatz-/Gewinnparameter geknüpft waren und aus diesem Grund bei Abschluss des Anteilskaufvertrags

  • nicht nur dem Grunde,
  • sondern auch der Höhe nach

noch nicht bestimmbar waren.

b) Wie sieht es aus bei nur dem Grunde nach unsicheren Earn-Out-Klauseln?

Höchstrichterliche Rechtsprechung, ob die Grundsätze der Zuflussbesteuerung auch für solche Earn...

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