Typische Haftungsfallen und Heilungsmöglichkeiten
[Ohne Titel]
Dr. Markus Wollweber, Dipl.-Finw. (FH), RA/FASt
Die Umstrukturierung ist – auch in der mittelständischen Einheit – komplex und haftungsgeneigt. Die einzelnen Maßnahmen tangieren in der Regel unterschiedliche Steuerarten auf unterschiedlichen Ebenen für eine Mehrzahl von Betroffenen. Der nachstehende Beitrag beleuchtet – gleichsam vom Schreibtisch des Autors genommen – typische Fehlerquellen, die anlässlich der Umstrukturierung entstehen können und zeigt Lösungen und Heilungsmöglichkeiten auf.
I. Typische Haftungsfallen i.R.d. § 20 UmwStG
Steuerrechtlich stellen
- sowohl die vertragliche Einbringung
- als auch die Ausgliederung
eine Einbringung nach §§ 20 ff. UmwStG dar.
Zivilrechtlich handelt es sich
- bei der Einbringung um eine rechtsgeschäftliche Übertragung;
- die Ausgliederung hingegen vollzieht sich nach Maßgabe der §§ 123, 152 UmwG kraft Gesetzes aufgrund partieller Gesamtrechtsnachfolge. Die auszugliedernden Gegenstände gehen hier also nicht vertraglich, sondern kraft gesetzlicher Anordnung über.
Möglicher Buchwertansatz auf Antrag: § 20 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Abs. 1 UmwStG ermöglicht auf Antrag steuerlich die Buchwertfortführung. Der Buchwertansatz führt dazu, dass der Einbringende durch die Einbringung keinen Veräußerungsgewinn erzielt. Die Einbringung bleibt steuerlich neutral.
1. Einbringungsgegenstand
§ 20 UmwStG setzt tatbestandlich voraus:
- Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils
- Kapitalgesellschaft als übernehmende Gesellschaft
- Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft als Gegenleistung für die Einbringung.
a) "Betrieb"
Einbringungsgegenstand nach § 20 UmwStG kann demnach ein Betrieb sein. Der Einzelunternehmer muss zumindest alle wesentlichen Betriebsgrundlagen einbringen.
Funktionale Betrachtungsweise: Es gilt die funktionale Betrachtungsweise. Die Wirtschaftsgüter, die für den Betriebsablauf ein wesentliches Gewicht haben – also für die Fortführung des Betriebs notwendig sind –, sind zu übertragen. Auf den Wert der Wirtschaftsgüter kommt es nicht an.
b) Teilbetrieb
Auch ein Teilbetrieb kann Gegenstand einer Einbringung sein. Ein Teilbetrieb setzt tatbestandlich voraus:
- organisatorisch geschlossene Einheit eines Gesamtbetriebs
- gewisse Selbständigkeit
- eigenständige Lebensfähigkeit
- buchhalterische Selbständigkeit.
Beraterhinweis Eine Haftungsfalle besteht, wenn keine vollständige Separierung von Restbetrieb und Teilbetrieb erfolgt.
Finanzverwaltung = europäischer Teilbetriebsbegriff: Die Finanzverwaltung legt den europäischen Teilbetriebsbegriff zugrunde:
- Gesamtheit der in einem Unternehmensteil eines Unternehmens vorhandenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter,
- die in organisatorischer Hinsicht einen selbständigen Betrieb – d.h. eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige Einheit – darstellen.
Hieraus folgert die Finanzverwaltung, dass die Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen bei der Einbringung eines Teilbetriebs für die steuerneutrale Fortführung der Buchwerte nicht ausreicht. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind sämtliche – dem Betriebsteil nach wirtschaftlichen Zusammenhängen – zuordenbaren Wirtschaftsgüter zu übertragen. Beachten Sie: Dies betrifft insbesondere auch Forderungen und Verbindlichkeiten, die nach wirtschaftlicher Veranlassung zuzuordnen sind.
2. Gegen Gewährung neuer Anteile
Der Tatbestand des § 20 UmwStG erfordert zudem die Gewährung neuer Anteile.
Zusätzliche Gegenleistung möglich: Neben der Gewährung neuer Anteile kann auch eine weitere Gegenleistung erfolgen (z.B. Darlehensgewährung). Beachten Sie: Keine zusätzliche Gegenleistung i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 UmwStG stellt die Übernahme betrieblicher Verbindlichkeiten dar, wenn sie Bestandteil des eingebrachten Betriebsvermögens (BV) sind. Nach § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UmwStG ist nur entscheidend, dass das eingebrachte BV ohne Berücksichtigung des Eigenkapitals nicht negativ ist.
Beachten Sie: Die Gewährung neuer Anteile liegt nicht vor, wenn die bereits gegründete GmbH, die eigene Anteile hält, dem Einbringenden eigene Anteile gewährt.
Die Gewährung neuer Anteile liegt vor, wenn
- der Geschäftsanteil gegen Bareinlage gewährt wird und
- aus dem Gesellschaftsvertrag hervorgeht, dass zusätzlich als Agio/Aufgeld das Unternehmen einzubringen ist (sog. korporatives Sachagio).
Es muss klar geregelt sein, dass ohne Übertragung des Einzelunternehmens und der Bareinlage der Geschäftsanteil nicht ausgegeben wird. Ebenso soll zulässig sein, wenn jedenfalls im notariell beurkundeten Kapitalerhöhungsbeschluss klargestellt wird, dass die Verpflichtung besteht, das Unternehmen als Sach-Agio einzubringen und hierfür als Gegenleistung die neu geschaffenen Anteile ausgegeben werden.
a) Steuerfalle "Einbringen durch Umbuchen"
Beispiel
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