Dipl.-Finanzwirt (FH) Andreas Willner, Wolfgang Macht
1.1 Beweiskraft der Buchführung
Buchführung und Aufzeichnungen, die den Vorschriften der §§ 140 bis 148 AO entsprechen, sind der Besteuerung zugrunde zu legen, soweit nach den Umständen des Einzelfalls kein Anlass besteht, die sachliche Richtigkeit zu beanstanden und soweit die elektronischen Daten nicht nach Vorgabe der einheitlichen digitalen Schnittstellen zur Verfügung gestellt werden.
1.2 Formelle Vorschriften
Für eine Ordnungsmäßigkeit muss die Buchführung einige formelle Vorgaben erfüllen, die im Folgenden näher dargestellt werden.
Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit
Die Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit beinhaltet folgende Punkte:
- Belegprinzip, d. h. zu jeder Buchung muss es einen entsprechenden Beleg geben.
- Ein sachverständiger Dritter muss sich innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens verschaffen können.
- Progressive und retrograde Prüfbarkeit müssen gegeben sein. Progressive Prüfung bedeutet hierbei eine Prüfung vom Beleg zur Buchung, retrograde Prüfung heißt Prüfung von der Buchung zum Beleg.
- Vorhalten der Verfahrensdokumentation
Vollständigkeit
Für das Merkmal "Vollständigkeit" ist erforderlich:
- Jeder Geschäftsvorfall muss einzeln aufgezeichnet werden.
- Verdichtungen müssen aufschlüsselbar sein.
- Lückenlose Aufzeichnungen über Wert, Inhalt und Geschäftspartner
- Aufbewahrungspflicht für bestimmte Unterlagen, z. B. Schichtzettel im Taxigewerbe (der Name des Geschäftspartners ist bei Taxibetrieben entbehrlich)
Einzelaufzeichnungspflicht bei Barverkäufen:
Einzelaufzeichnungen bei Bargeschäften ab 10.000 EUR erforderlich
Einzelaufzeichnungspflicht bei Barverkäufen über Ladentisch mit PC-Kasse erforderlich (= digitale Daten der PC-Kasse)
Keine Einzelaufzeichnungen sind bei Barverkäufen über den Ladentisch bei einer sog. "offenen Ladenkasse" nötig, sofern der Verkauf an eine Vielzahl nicht bekannter Personen erfolgt und auch tatsächlich keine Aufzeichnungen geführt werden
- Keine mehrmalige Verbuchung ein und desselben Geschäftsvorfalls
Richtigkeit
"Richtigkeit" bedeutet, dass Geschäftsvorfälle nach den tatsächlichen Verhältnissen abzubilden sind.
Zeitgerechtigkeit
Zeitgerechtigkeit ist unter folgenden Bedingungen gegeben:
- Laufende Buchung der angefallenen Geschäftsvorfälle, d. h. z. B. keine "Sammlung" bis Jahresende.
- Kasseneinnahmen und -ausgaben müssen täglich festgehalten werden.
Unbare Geschäftsvorfälle:
Eine Erfassung von unbaren Geschäftsverfällen innerhalb von 10 Tagen ist unbedenklich.
Eine monatliche Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen ist möglich, wenn die Vollständigkeit durch organisatorische Maßnahmen sichergestellt ist.
- Periodengerechte Verbuchung (Rechnungsabgrenzungen)
Ordnung
Die Voraussetzung "Ordnung" liegt unter folgenden Bedingungen vor:
- Systematische Erfassung und nachvollziehbare Buchungen
- Getrennte Aufzeichnung von baren und unbaren Geschäften
- Getrennte Aufzeichnung von nicht steuerbaren, steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen
- Eine einheitliche Aufzeichnung von ermäßigt und voll versteuerten Umsätzen ist auf Antrag bei nach Art und Umfang des Geschäfts nicht zumutbarer getrennter Aufzeichnung möglich (Stichwort: Erleichterte Trennung der Entgelte)
- Zeitliche Ordnung (Grundbuch, Journal) und sachliche Ordnung (Hauptbuch, Kontenfunktion)
Unveränderbarkeit
Eine Unveränderbarkeit der Buchführung erfordert Folgendes:
- Protokollierung von Änderungen und Löschungen
- Durchgehende Protokollkette von Beleg, Grundaufzeichnung und Buchung
- Historie sowohl für Bewegungsdaten (Buchungen) als auch für Stammdaten, Metadaten oder Schlüssel)
- Auch eine Änderungshistorie darf nicht nachträglich veränderbar sein.
- Die Vorgaben sind durch eine Verfahrensdokumentation und Verarbeitungsprotokolle zu verifizieren.
Belegwesen/Belegfunktion
Formelle Vorschrift für eine ordnungsmäßige Buchführung ist, dass "Belegwesen/Belegfunktion" gegeben ist. Das umfasst folgende Punkte: